Volltext: Ueber binaurales Hören (17)

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Gino Melati. 
hohen links verstärken könne, und umgekehrt. Aehnliches fand 
Preyer. Stumpf bestreitet, dass diese Verstärkung ein central er¬ 
zeugtes Empfindungsphänomen sei, er glaubt die angebliche Steige¬ 
rung der Perceptionsfähigkeit durch die Wirkung der Knochenleitung 
oder durch eine Urtheilstäuschung erklären zu müssen. Im Zu¬ 
sammenhang damit behandelt er die Fragex), ob ein Tonganzes einen 
stärkeren Eindruck als jeder seiner Theile machen könne. Er geht 
davon aus, dass heim monauralen Hören das Hinzukommen anderer, 
seihst einer großen Anzahl anderer Töne, keine Verstärkung des 
Empfindungsganzen bedinge. Widersprechende Beobachtungen könnten 
Vorkommen, erklärten sich aber daraus, dass der Klang mit seinen 
Obertönen als Einheit von schärferer Klangfarbe aufgefasst und 
wegen dieser Klangfarbenänderung als stärker beurtheilt werde. Bas 
Nämliche ergehe sich bei Vertheilung der Töne an beide Ohren. 
Stumpf gibt an, dass, wenn er zwei Stimmgabeln von ungleicher 
Tonhöhe, aber gleicher Tonstärke, die eine rechts, die andere links, 
zum Tönen brachte und dann eine derselben entfernte, keine eigent¬ 
liche Schwächung des Gesammteindruckes bemerkt wurde. Aber der 
Doppeleindruck war dort nicht bloß qualitativ reicher und voller, 
sondern auch in seiner räumlichen Ausdehnung weiter, und so sei 
die Täuschung leicht möglich, dass er stärker sei. Hierdurch 
glaubt Stumpf die Angaben Tarchanoff’s1 2) und Preyer’s3) er¬ 
klären zu können. Tarchanoff leitete einen Schall telephonisch an 
seine beiden Ohren und schwächte ihn so ab, dass er mit jedem 
Ohre kaum oder gar nicht mehr hörbar war. Bei binauralem Hören 
erhielt er dann einen deutlichen, wenn auch schwachen Ton, der in 
der Sagittalebene des Kopfes localisirt wurde. Daraus schloss er 
auf eine Wechselwirkung minimaler akustischer Erregungen. 
Während demnach Stumpf die scheinbare Intensitätserhöhung 
beim binauralen Hören auf eine durch die Knochenleitung bedingte 
periphere Reizsummation zurückführt, wird eine andere Auffassung von 
Urbantschitsch vertreten4). Dieser machte, wie Tarchanoff ull(* 
Preyer, die Beobachtung, dass eine Schallquelle, die weder mit denl 
1) Stumpf, Tonpsychologie, II S. 423. 
2) Tarchanoff, Petersburger medicin. Wochenschrift, 1878, No. 43. 
3) Preyer, Sitzungsber. d. Jen. Ges. f. Med. u. Naturwissenschaften. 
4) Y. Urbantschitsch, Archiv f. Ohrenheilkunde, XXXV, 1893.
	        
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