Ueber binaurales Hören.
433
guochenleitung, welche beide Factoren hei den Versuchsbedingungen
nicht auszuschließen seien. Uebrigens fand Seebeck die binauralen
Schwebungen in Bezug auf ihre Intensität nur mit solchen monaural
gehörten vergleichbar, welche man im Falle eines beträchtlichen In¬
tensitätsunterschiedes der beiden Primärtöne vernimmt1).
In einem weiteren Aufsatze, der 1859 veröffentlicht wurde, neigt
Dove2) noch mehr der Annahme einer centralen Entstehung der
binauralen Schwebungen zu, da er fand, dass bei binauralem Hören
keine Differenztöne wahrnehmbar seien.
In einer 18643) veröffentlichten Arbeit behandelt Mach unter
anderen Fragen auch die der binauralen Schwebungen. Er arbeitete
mit einer Gabel und benutzte zur Zuleitung drei Böhren, deren
Länge zweimal gleich der Wellenlänge der Schallwellen in der Luft
und einmal gleich der Hälfte der Wellenlänge war; er erzeugte also
die Schwebungen durch Interferenz. Diese waren »zwar nicht so
deutlich, wie sie zwei Gabeln hervorbringen, aber doch merklich.«
Was die Interpretation der Erscheinung anlangt, so entscheidet er
sich für die Annahme der Knochenleitung.
Thompson4) arbeitete mit einer Anordnung, die im allgemeinen
derjenigen Mach’s ähnelte, aber ein wesentlicher Fortschritt war es,
dass er die beiden Tonquellen auf verschiedene Zimmer vertheilte.
Er benutzte zwei Gabeln, von denen die eine 246, die andere 256
Schwingungen in der Secunde ausführte. Er fand, dass die Schwe¬
bungen auch dann noch deutlich vernehmbar waren, wenn die Gabeln
so leise tönten, dass sie einzeln überhaupt nicht gehört werden
konnten. Die Schwebungen hatten dieselbe constante Frequenz,
mochte man monaural oder binaural beobachten. Wurde die Ton¬
distanz zunehmend vergrößert, so blieben die Schwebungen hörbar
und waren überdies auffallend rauh. Da Differenztöne binaural
nicht gehört werden konnten und da er die Knochenleitung für voll¬
ständig ausgeschlossen hielt, nahm er eine centrale Entstehung der
1) Vergl. weiter Seebeck, Akustik, Abschn. II, Gehl er1 s Repertorium der
hyeik, S. 107. 1849. Dann Poggendorff’s Annalen, Bd. LIX, S. 417. 1841.
2) Dove, Poggendorff’s Annalen, Bd. CVH, p. 653. 1859.
3) Mach, Wiener Sitzungsber. 1864.
I) S. P. Thompson, Philosophical Magazine, vol. 4, part 2, p. 274. 1877.
VoL 6> Part 2, pag. 383. 1878.