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Gino Melati.
die als etwas ganz von den Tönen Getrenntes erscheinen, fast wie
eine disparate gleichzeitige Empfindung. Die Schwebungen lagen so¬
zusagen zwischen den Tönen, indem die Beobachter nicht etwa an-
gahen, ein bestimmter Ton schwebe, sondern ganz eindeutig sagten
man höre die beiden Töne und die Schwebungen.
Die binauralen Schwebungen haben in gewisser Weise einen un¬
bestimmten Charakter, sie verschwinden und sind nicht immer fest-
haltbar, zeitweise treten sie scheinbar spontan stärker für das Be¬
wusstsein hervor, sie sind eigentlich mehr alternirend als continuirlich.
Es ist bemerkenswerth, dass es vergeblich ist, wenn man versucht,
durch Anspannung der Aufmerksamkeit die Erscheinung festzuhalten.
Denn an und für sich besteht, sozusagen für die mit willkür¬
licher Aufmerksamkeit verbundene psychische Einstellung die Ten¬
denz, diese Schwebungen zu objectiviren, um sie den normalen Ver¬
hältnissen der Empfindung gleichartig zu machen und einzuordnen.
Hier schien in der That für die psychologische Beobachtung ein
continuirlicher Grenzübergang zwischen rein subjectivem und objectiv
bedingtem Geschehen vorzuliegen, eine Erscheinung, die für die
psychologische Interpretation des Charakters der Sinnesempfindung
sicherlich hervorgehoben zu werden verdient. Damit hängt eine
weitere Erscheinung zusammen, die ebenfalls rein in das Gebiet
psychologischen Experimentirens und Beobachtens gehört. Man
kann nämlich sicher sagen, dass die Erscheinung entsteht, wenn
der Beobachter in einer ganz passiven psychischen Einstellung ist.
Beim monauralen Hören drängen sich die Schwebungen als harte,
rasch ansteigende, rasch abklingende Stöße auf, bei den binauralen
Schwebungen scheint jede einzelne Schwebung langsam anzuschwellen,
ein zeitlich zwar kurz, aber immerhin dauerndes Maximum zu haben,
dann ebenso langsam abzunehmen und continuirlich auszuklingen.
Dieser Unterschied war auch dann bemerkbar, wenn die Versuchs¬
person sicher war, dass die Zahl der binauralen Schwebungen nnt
der der monaural wahrgenommenen übereinstimmte.
Was das Abzählen oder die Schätzung der Zahl der Schwebungen
anlangt, so ist hervorzuheben, dass bei einer geraden Anzahl lang
samer Schwebungen, 2, 4, 6, 8 bis 10, die Versuchspersonen,
die gut qualificirten unter denselben, den Eindruck haben,
Schwebungen langsamer zu hören wie monotisch. So kam es