Ueber binaurales Hören.
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pie Stimmgabeln, die mit einer Millimetereintheilung versehen
waren, mussten für jede Stellung der Laufgewichte genau nach ihrer
gcbwingungszahl bestimmt werden. Dies geschah zunächst durch
Vergleichung mit dem Appun'schen Tonmesser. Dieser schreitet in
der benutzten Octave von vier zu vier Schwingungen von einer
Zungenpfeife zur anderen fort. Das Stimmen wurde von mir, von
Dr. Bach und Dr. Möbius gleichzeitig durch Zählen der Schwe¬
bungen bis auf eine Schwingung genau ausgeführt.
Bei der Ausführung der Versuche war zunächst darauf zu achten,
dass die Uebertragung durch die Luft und die äußere Knochen¬
leitung von einem Gehörorgane zum anderen ausgeschlossen waren.
Die Uehertragung durch die Luft war relativ leicht auszuschließen,
die Töne waren so schwach, dass, wenn die Glasröhre sich nicht
genau am oder im äußeren Gehörgange befand, kein Ton mehr
weder auf dieser Seite noch natürlich auf der entgegengesetzten ge¬
hört wurde, selbst die Schalltrichterwirkung der Ohrmuschel genügte
nicht, um einen Ton hörbar zu machen, wenn die Oeffnung der Glas¬
röhre sich einer Stelle ihr gegenüber befand. Ein weiterer Beweis
für das Fehlen der Luftübertragung ergab sich aus den Versuchen
selbst. Wenn nämlich, wie wir weiter sehen werden, binaurale
Schwebungen gehört wurden, so konnte man diese zum Verschwinden
bringen, indem man die eine Glasröhre zurückschob oder den Gehör¬
gang mit dem Finger verschloss.
Von allen anfänglich herangezogenen Versuchspersonen erwiesen
sich in längeren, entscheidenden Versuchsreihen nur wenige als ge¬
eignet. Das erste, was von den Versuchspersonen zu verlangen ist,
ist Unbefangenheit, dann ein genügend scharfes Ohr für das Er¬
fassen der Intervalle und der Schwebungen. Bei der Subtilität der
Versuche und der außerordentlichen Leisheit der Töne bei den
Experimenten mit binauralem Hören waren die Versuchspersonen
leicht suhjectiven Täuschungen verschiedener Art unterworfen. Da¬
her war es nothwendig, fortgesetzt Controllversuche und Vexir-
xersuche auszuführen.
Das Verfahren der Versuche war stets unwissentlich, die
Reagenten wussten nicht, wieviel Schwebungen sie zu erwarten
hatten; die Verstimmung, also die Anzahl der Schwebungen wurde
fahrend der einzelnen Versuchsreihen verändert, ebenfalls ohne