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Wilhelm Wirth.
hinzuaddiren lässt. Doch würde eben für diese untere Region keines
wegs die einfache Formel angewendet werden können, die man sonst
zum Ausdruck positiv hinzutretender Erregungen verwerthet, nämlich
die rein additive Constante, wie z. B. bei den sog. »positiven Nach
bildern« als einer Nachempfindung. Dies ginge nicht an, weil die
absoluten Nachbildwerthe, wie sie in jenen Ourven zu Tab. NVIIJ
in ihrem Verlaufe zusammengefasst sind, nicht einfach durch die
Addition einer Constanten wiedergegeben werden, die an dem gerad¬
linigen Verlauf nichts zu ändern vermöchte, sondern einer allmäh¬
lichen Ausbiegung zu relativ immer größeren Werthen ent¬
sprechen, wie es besonders gut in Ib zu sehen ist. Man müsste viel¬
mehr jene Ausbiegung von der geraden Linie (als Ausdruck der
einfachen »Ermüdung«) ziemlich complicirt, z. B. durch die Annahme
einer umgekehrten Proportionalität jener complementären Erregung
erklären, die zum bloßen Ermüdungseffecte noch hinzutritt, als ob
dieser additiven Größe also die Farbenerregung auf Grund des Reizes
seihst sozusagen im Wege stehe.
Niemals aber dürfte eine solche additive und indirect proportio¬
nale Complementärerregung ausschließlich zur Erklärung der nega¬
tiven farbigen Nachbildwirkung beigezogen werden, soweit es sich
zunächst um die Wirkung auf diejenigen reagirenden Farbentöne
handelt, die zur Entstehung des Nachbildes selbst fixirt wurden.
(Ueber die Reaction anderer, bei der Entstehung des Nachbildes un-
betheiligter Farben wird weiter unten ausführlich zu sprechen sein).
Denn der relativen Zunahme des Werthes nach unten entspricht doch
eine fortschreitende absolute Abnahme, die also höchstens durch die
proportionale Verkleinerung nach unten (als Ermüdungswirkung) zu¬
sammen addirt mit irgend welchen complementären Erregungen
bewirkt werden könnte. Es dürfte aber nun doch keineswegs aus¬
geschlossen erscheinen, den ganzen Verlauf in den verschiedenen
reagirenden Intensitätsstufen als eine verschieden procentuale Wir¬
kung einer und der nämlichen Ursache zu denken, die man kurz als
eine Verschiebung der Farbenerregung nach der Comple-
mentärfarbe hin zu betrachten hätte. Man braucht dann nicht
jene Zerlegung in proportional ausfallende Ermüdungswirkung und
in positive, aber quantitativ complicirt bestimmte Compleinentär-
wirkung, die beide je nach der reagirenden Intensitätsstufe in ver-