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Wilhelm Wirth.
welches dem Contrast beliebiger Farben (von gleicher Helligkeit) ent¬
stammt, auf jeder beliebigen Farbe (von gleicher Helbgkeit) ebenfalls
durch einen Bestbestand der ursprünglichen Farbe vollständig ausge¬
glichen werden kann. Both, neben gleich hellem Gelb fixirt, ergibt z. B.
ein Nachbild, das auf Blau (von gleicher Helbgkeit) in der Weise aus¬
zugleichen ist, dass man an Stelle des ursprünglich fixirten Both ein be¬
stimmtes Quantum Both dem Blau beimischt und das Blau an der an¬
deren Stelle un vermischt lässt, oder dass man an Stelle des Gelb ein
bestimmtes Quantum dieser Farbe dem Blau beigibt, ohne die Nach¬
barfläche zu verändern, oder endlich drittens ein bestimmtes gleich
großes Quantum Both und Gelb auf jeder Stelle beigibt. Analoges
gilt dann für die Mischungen von Blau mit Both oder mit Gelb.
Auch diese Behauptungen sind zunächst mit den oben erwähnten Ein¬
schränkungen ausgesprochen.
Bekanntlich weichen die Farben der Nachbilder in manchen Fällen
auch etwas von der reinen Complementärfarbe ab. Insbesondere
haben v. Kries, Hering u. a. gefunden1), dass bei längerer Fixation
das Grün nach Blau und das Both nach Gelb hin eine Ablenkung
erfährt, die also von der bloßen Herabsetzung der Sättigung durch
Beimischung der Complementärfarbe verschieden ist, hezw. noch zu
ihr hinzutritt. Damit wäre eine stereotype Abweichung gegeben, die
natürlich der völligen Ausgleichung des Nachbildes auf dem soeben
angegebenen Wege immer entgegenstände, insofern damit in der be¬
nachbarten Stelle ein Blau, bezw. Gelb eingeführt wird, das durch
Both, hezw. Grün nicht compensirt werden kann. Zum Glück macht
siGji aber nun eine derartige Nebenwirkung bei der kurzen Fixations¬
zeit, die bei unserer Methode schon zum Ziele führt, höchstens ver¬
schwindend gering bemerklich. Nach Fixation von Both neben Grün
konnte ich höchstens hei der Projection auf Both eine ganz geringe,
unausgleichbare Nuancirung nach Purpur an der vorher grünen
Stelle, also wirklich im eben angegebenen Sinne, bemerken, so klein,
dass sie auch geübten Versuchspersonen, die allerdings immer noch
viel seltener als ich selbst beobachteten, niemals aufgefallen war. Dabei
1) v. Kries, Die Gesichtsempfindungen u. ihre Analyse. Du Bois-Reymond’s
Archiv, 1882, Suppl.-Bd., S. 107. Hering, Ueber die von v. Kries wider die
Theorie der G-egenf. erh. Einw., IH. Mitt., Pflüger’s Archiv XLIH, S. 329 (S. 338).
A. Walter, Pflüger’s Archiv LXXVII, S. 57.