Zur Theorie der Combinationstöne.
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Obertöne mit, die einander oder dem höheren Primärtone nahelagen
oder mit anderen Theiltönen entsprechende Differenztöne bildeten.
Alle Schwebungen sollen nach Koenig bei bestimmten Frequen¬
zen in Töne, die sogenannten Stoßtöne, »übergehen«. Diese alte An¬
schauungsweise erscheint ja sehr einfach und naheliegend angesichts
der Thatsache, dass bei größerer Schwebungsfrequenz stets auch (zu¬
nächst neben den Schwebungen) ein Oombinationston auf tritt, dessen
Schwingungszahl der Zahl der Schwebungen gleich ist; aber bei ge¬
nauerem Zusehen verliert sie erheblich an Bestimmtheit und einleuch¬
tender Kraft. Hermann, der sich ihr eine Zeit lang zugeneigt
hatte (35, 514), erklärt sie in einer seiner neuesten Abhandlungen
(36, 493) für undurchführbar: »Koenig hat zwar die sehr glück¬
liche Ausdrucksweise gefunden, dass das Ohr jede Art von Periodik
innerhalb gewisser Frequenzgrenzen als Ton wahrnimmt. Aber worin
soll die wahrgenommene Periodik beim Zusammenklingen mehrerer
Töne bestehen ? Es können doch nur die Durchgänge durch die
Gleichgewichtslage oder die Gipfel der Curve, d. h. die Richtungs¬
wechsel der Bewegung gezählt werden. Aber schon beim Zusammen¬
klingen eines Tones mit seiner Octave können, wenn letztere eine
hinreichend große Amplitude hat, Durchgänge und Gipfel entstehen,
deren Zeitabstand mit dem Amplituden- und Phasenverhältniss wech¬
selt, und welche also zu einem wahren Gewirr von Tönen Anlass
geben müssten. Schon dies zwingt uns, eine Zerlegung der Bewegung
nach dem Resonanzprincip anzunehmen ; nur so werden diese zufälligen
Durchgänge und Gipfel ohne Einfluss bleiben und beide Primärtöne
rein auf das Ohr wirken.« Dass Phasenverschiebung der Prhnärtöne
die Zahl und Qualität der wirklich hörbaren Combinationstöne ver¬
ändere, hat noch niemand behauptet, und es ist nach allen bisherigen
Erfahrungen höchst unwahrscheinlich. Auch das Stärkeverhältniss
der beiden Töne hat, wie ich aus Erfahrung sagen kann, keinen
derartigen Einfluss. Nur wenn einer der Töne übermäßig laut ist,
pflegen die leisesten und undeutlichsten Combinationserscheinungen
unmerklich zu werden. Aber dieselbe Wirkung hat eine maximale
Intensität beider Primärtöne. Auch ist es bekannt und aus all¬
gemeinen psychologischen wie physiologischen Gründen wohl begreif-
tich, dass überall ein schwacher akustischer Theilinhalt von gleich¬
zeitig erheblich stärkeren leicht unterdrückt wird. Eine Aenderung