Zur Theorie der Combinationstöne.
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cillationston«). Als allgemeine Theorie des Hörens ohne weitere
Einschränkung hingestellt, begegnete sie schon frühe dem Widerspruch
der Mathematiker und Physiker. Poggendorff antwortete auf die
Ausführungen Ro eh er ’s sofort (14, 520) mit einem kritischen Zu¬
satze, dessen wesentlicher Inhalt in Folgendem besteht: die Young¬
sche Theorie kann nicht erklären, 1) dass man neben einem Diffe¬
renzton auch die Primärtöne vernimmt, 2) dass außer dem Differenzton
erster Ordnung noch solche höherer Ordnung und durch sie bedingte
Schwebungen entstehen. In der That, wenn jede periodische Luft¬
bewegung nur den Ton ergibt, dessen Schwingungszahl der Zahl der
periodischen Maxima und Minima entspricht, so ist schon die Grund-
thatsache der Klangwahrnehmung unbegreiflich, dass wir beim Zu¬
sammenklange zweier primären Töne diese beiden hören können.
Die Möglichkeit der Klanganalyse wurde erst verständlich, als Ohm
den Satz auf stellte, dass das Ohr jede periodische Luftbewegung in
ihre pendelförmigen Oomponenten zerlege, und dass wir nur pendel¬
förmige Schwingungen als Töne empfänden. Helmholtz hat diese
Hypothese durch zahlreiche und verschiedenartige Beobachtungen ge¬
stützt, mathematisch und 'physikalisch eingehend begründet, anatomisch
und physiologisch weiter ausgehaut. Sie bildete bis in die neueste
Zeit die Grundanschauung aller akustischen Theorie.
Aber schon Seeheck versuchte die Ohm’sehe Definition des
Tones im Sinne der älteren Theorie zu erweitern. Er dachte die ■
Klangfarbe zwar vorzugsweise von der Zahl und Art der in dem
Klange enthaltenen Pendelschwingungen, theilweise aber auch unmit¬
telbar von der Form der Gesammtwelle abhängig. Bekanntlich
ist die Wellenform eines und desselben Mehrklanges sehr verschieden
je nach dem Phasenverhältniss der Theiltöne. Helmholtz fand nun
durch sein bekanntes synthetisches Verfahren (21, 194), dass beliebige
Phasenunterschiede der Theiltöne die Klangfarbe von Mehrklängen
nicht verändern. Koenig kam zu dem entgegengesetzten Ergehniss
(24, 369; 25, 222) auf Grund von Versuchen mit seiner Wellensirene,
wo zwei in Blech geschnittene und gegen einander beliebig verschieb¬
bare Curven angeblasen werden. Aber thatsächlich entstehen heim
Anblasen der Wellensirene ganz andere Schwingungsformen in der
Luft, als die in Blech geschnittenen. Hermann, der dies am aus¬
führlichsten theoretisch und experimentell nachgewiesen hat (37, 391 ;