Zur Theorie der Combinationstöne.
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Schwingungsunterschied) und weniger klar herausgehört wird, als der
höhere; sobald der Grundton gesondert wahrzunehmen ist, hört man
ihn merklich vertieft, nämlich in Zwischentonverschmelzung mit D± ;
weiterhin, und zwar spätestens da, wo D{ zum ersten Male als Ton
auftritt, sind höhere Primärtöne (Dt bis D.) von rasch wachsender
Anzahl unterhalb des Grundtones zu hören, vorerst paarweise zu
Zwischentönen verschmolzen, allmählich sich sondernd nach ihren
theoretischen Schwingungszahlen. Diese Thatsachen habe ich mit
neun völlig unbefangenen Beobachtern sicher gestellt und in meiner
ersten Mittheilung (59) für drei verschiedene Tonlagen ausführlich
beschrieben. Uebrigens verzeichnet Meyer selbst in dem einzigen
hierher gehörigen Beispiel seiner früheren Abhandlung, bei 1600 +
1700, neben T){ einen D. als sicher, und mehrere andere hohe D-
Töne, darunter D.2, Di und Dt als möglicherweise vorhanden. Dass
Differenztöne mit anderen oder mit primären Tönen hei hinreichend
geringem Abstande zu Zwischentönen verschmelzen, genau wie primäre
Töne unter sich, scheint auch ihm entgangen zu sein; ebenso die
hierauf beruhende Höhenänderung des Grundtones hei bestimmten
Intervallen. Gelegentlich erwähnt Meyer ohne weiteren Zusatz, dass
er und seine Mitarbeiter »bei den Differenztonbeobachtungen häufig
den tiefsten Differenzton bis zu einem halben Tone zu hoch hörten« ').
Dabei hat es sich wahrscheinlich meistens um einen Differenzton ge¬
handelt, der mit einem benachbarten höheren verschmolz. Das be¬
gegnet naturgemäß den tiefsten Differenztönen weitaus am häufigsten,
nämlich bei allen verstimmten Consonanzen.
In den folgenden Meyer’schen Regeln [2a und b] werden die
Intervalle, deren Verhältnisszahlen sich durch zwei aufeinander fol¬
gende ganze Zahlen ausdrücken lassen, von allen übrigen hinsichtlich
ihrer Differenztöne ahgetrennt. Diese Umständlichkeit wird durch die
Thatsachen nicht gefordert und erinnert an die historische Bevor¬
zugung jener Schwingungsverhältnisse. Meyer scheint der ersten
(unter 2a fallenden) Gruppe von Klängen im allgemeinen mehr Dif¬
ferenztöne zuzuschreiben als der zweiten, für die er nur D„ T), und
i>3 angibt. Eher wäre das Umgekehrte berechtigt. Wo das Yer-
1) Herr Professor Stumpf bestätigte mir persönlich diese Beobachtung, als
noch der Erklärung bedürftig.