Zur Theorie der Combinationstöne.
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Sprach laute unterstützt wird. Die Sprechweise eines Individuums —
und ähnliches gilt von den meisten Naturlauten — ist außer durch
die Eigenschaften der einzelnen Laute stets durch solche Eigenthüm-
lichkeiten charakterisirt, die dem zeitlichen Verlauf der zusammen¬
hängenden Rede angehören: durch Nuancen der Modulation, des
Rhythmus und der Betonung überhaupt. Der ganze, für gewöhnlich
nicht analysirte Complex dieser Eigenschaften gibt jeder individuellen
Sprechweise eine sehr bestimmte Färbung. Schon die Klangfarbe
im engeren, musikalischen Sinne des Wortes bildet, in der Termino¬
logie von Ehrenfels und Cornelius zu reden, eine Gestalt-
qualität, d. h. eine über die Qualitäten aller Theilinhalte hinaus¬
gehende specifische Eigenschaft des Empfindungsganzen. Während
nun die musikalische Geübtheit vorzugsweise in einer durch Uehung
erworbenen Fähigkeit der Analyse besteht, hat man es heim Unter¬
scheiden und Wiedererkennen von Klangfarben mit Eigenschaften
akustischer Complexe zu thun, die auch ohne genauere Analyse be¬
merkt werden und der Aufmerksamkeit sich mehr aufdrängen, als
die Eigenschaften elementarerer akustischer Inhalte. Dasselbe gilt
in gesteigertem Maße von der durch die Vielheit ihrer Componenten
einzigartig qualificirten Sprechweise eines jeden Menschen.
Ein 4. Einwand Ewald’ s richtet sich nicht unmittelbar gegen
die Resonatorenhypothese : der Unterschied zwischen Consonanz und
Dissonanz werde von Helmholtz nicht befriedigend erklärt. Ewald
behauptet nicht — was sich auch schwerlich beweisen ließe — die
Thatsachen der Consonanz und Dissonanz ständen der Helmholtz-
schen Hörtheorie entgegen. Seine Ausführungen beziehen sich vor¬
zugsweise auf die Unannehmlichkeit der Dissonanzen und wenden sich
gegen die Zurückführung der Dissonanz auf Schwebungen. Hierauf
wird meine nächste, ausschließlich dem Consonanzproblem gewidmete
Abhandlung des näheren eingehen.
An 5. Stelle verweist Ewald auf die fundamentale Thatsache,
dass wir von zwei Tönen eindeutig entscheiden können, welcher der
höhere ist. Dafür gebe die Resonanztheorie keine Erklärung. Er
beruft sich auf eine Aeußerung Mach’s: »Wir ordnen die Töne ihrer
ö e nach in eine Reihe. Wie gelangen wir dazu? Dies ist noch
v°u gar keiner Seite aufgeklärt«. Mach hatte, im allgemeinen auf
dem Boden der Helmholtz’schen Hörtheorie stehend, dafür eine