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Gotti. Friedr. Lipps.
Auftreten von A' und Är gleich r und gleich s, wonach für A selbst
r + s oder t Möglichkeiten bestehen, so wird die Wahrscheinlich¬
keit p für das Auftreten der Verbindung von A und B durch
T
P==l
und die Wahrscheinlichkeit q für das Ausbleiben dieser Verbindung
durch
s
q = l
bezeichnet. Aber auch dann, wenn von den Zahlen r, s, t nicht jede
für sich angehbar ist, kann es doch möglich sein festzustellen, den
wie vielten Theil des Begriffsumfangs von A die Begriffsumfänge von
Ä und A" ausmachen; und diese Bruchwerthe bestimmen alsdann die
Wahrscheinlichkeiten p und q.
Das Urtheil über die Wahrscheinlichkeit oder relative Häufigkeit
des Auftretens der Verbindung von A und B muss sich demnach
auf den Vergleich von Begriffsumfängen stützen, wenn es eine ob-
jectiv gültige Erkenntniss aussagen soll. Dabei gilt folgende Be¬
stimmung1):
Ist der gegebene Denkgegenstand A entweder als das
mit B verbundene A' oder als das ohne B vorkommende A"
zu denken, so ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten
der Verbindung von A und B gleich dem durch den Be¬
griffsumfang von Ä dargestellten Bruchtheil des Begriffs¬
umfangs von A.
1) Während hier die Wahrscheinlichkeitsbesthnmung ganz allgemein auf den
Vergleich von Begriffsumfängen zurückgeführt wird, mögen dieselben nun durch
endliche oder unendlich große, discrete oder continuirliche Mannigfaltigkeiten
dargestellt werden, findet J. von Kries (Die Principien der Wahrscheinlichkeits¬
rechnung-, eine logische Untersuchung, 1886) die Wahrscheinlichkeitsbestimmung
(S. 24) daran gebunden, dass »unsere Annahmen einen Gegenstand betreffen, für
welchen, unserm Wissen gemäß, ein messbarer und in Theile zu zerlegender
Spielraum des Verhaltens möglich erscheint«, und er gelangt (S. 36) zu dem Satz
dass Annahmen in einem zahlenmäßig angebbaren Wahrscheinlichkeitsverhältniss
stehen, wenn sie indifferente und ihrer Größe nach vergleichbare Spielräume um¬
fassen, und dass bestimmte Wahrscheinlichkeitswerthe sich daher da ergeben, wo
die Gesammtheit aller Möglichkeiten durch eine Anzahl solcher Annahmen er¬
schöpft werden kann«.