Die Theorie der Collectivgegenstände.
101
letzter Instanz in dem Triebe nach Erkenntniss wurzelt, dazu nötlii-
gen, die einmal oder mehrmals gemachte Beobachtung als für A
schlechthin gültig anzuerkennen.
Die so erkannte Beziehung (A; B) ist zwar eine auf Erfahrung
gegründete Hypothese, nicht ein in der Art und Weise des Den¬
kens begründetes Axiom. Sie wird aber durch den Trieb nach Er¬
kenntniss gefordert, so dass es nicht im Belieben des denkenden
Menschen steht, sie anzuerkennen oder zu verwerfen. Sie muss viel¬
mehr anerkannt werden, wofern man nicht auf ein Erkennen des
empirisch gegebenen Seins und Geschehens überhaupt verzichten will.
Die Beziehung zwischen  und B ist darum gewiss, wenn schon die
Gewissheit keine absolute, sondern eine relative, d. h. auf Erfahrung
gegründete ist. Die Erkenntniss der empirischen Gewiss¬
heit, dass [A] B) besteht, bildet somit in diesem Ealle das
Ergebniss der Induction1).
Liegt aber keine Nöthigung vor, das in einem Falle oder in
mehreren Fällen beobachtete Zusammen von A und B als eine für
A schlechthin bestehende Zusammengehörigkeit aufzufassen, so hat
man auch nicht das Hecht, von einer für A ohne Rücksicht auf dessen
Unterlage gültigen Beziehung zu sprechen. Man kann nur annehmen,
dass es eine vorläufig noch unbekannte Beschaffenheit der Unterlage
von A gibt, für welche die Beziehung zu B Geltung hat. Könnte
man diese Beschaffenheit kennen lernen, so erhielte man hierdurch
den durch die Bezugnahme auf B aus A entstehenden Denkgegen¬
stand A' in voller Bestimmtheit; und wäre anderseits A' als Denk-
1) Die relative, auf Erfahrung beruhende oder empirische Gewissheit als
Wahrscheinlichkeit zu bezeichnen, wäre mit Rücksicht auf den allgemein aner¬
kannten Wahrscheinlichkeitsbegriff der Mathematik unzweckmäßig. Falls aber
doch die Unterscheidung A pelt’s (Theorie der Induction, S. 38) zwischen philo¬
sophischer und mathematischer Wahrscheinlichkeit Billigung finden sollte, so
müsste man beachten, dass das, was dort philosophische Wahrscheinlichkeit be¬
deutet, hier empirische Gewissheit heißt. Denn Apelt sagt (S. 40): »Der philo¬
sophische Wahrscheinlichkeitsschluss schließt geradezu von der Vielheit der Fälle
auf die Einheit und Allgemeingültigkeit der Regel« und »Beim philosophischen
Wahrscheinlichkeitsschluss ist der Schluss vollkommen sicher, ohnerachtet seiner
unvollständigen Begründung«. Die Berechtigung zum Schluss geben aber die
Maximen oder Grundsätze der empirischen Forschung. — Der philosophische
Wahrscheinlichkeitsschluss Apelt’s führt somit in der That zu der nach obiger
Bezeichnungsweise mit empirischer Gewissheit verknüpften Begriffsergänzung.