Experimentelle Untersuchungen über Associationen. 55
in der sowohl die Reizapperception als auch die Association in allen
Fällen psychologisch gleichförmig wäre. Ob sie innerhalb dieser Be¬
grenzung Werth haben würde, weiß ich nicht. — Zum zweiten aber
sollten die obigen Darlegungen die üblichen Messungen von Asso¬
ciationszeiten verdächtigen. Ich gestehe zu, dass die Messungen,
unter den nöthigen Oautelen vorgenommen (cf. Ziehen 1. c. IIA), die
Zeitdifferenz zwischen A-Phänomen und B-Phänomen treffen können
bei reinen Wortassociationen und bei Association einer Vorstellung,
die sofort mit ihrem Kennwort verknüpft auftritt. Bei allen übrigen
Associationen ist exacte Zeitmessung meines Erachtens unmöglich.
Wird z. B. in dem, in meinen Versuchen neben den eben genannten
Associationsgruppen häufigst vertretenen, Typus s ein Vorstellungen-
Complex associirt, so liegt dessen Benennung der Vp zunächst ge¬
wöhnlich ganz fern und wird nur durch die Tendenz ein Wort aus¬
zusprechen nach längerer oder kürzerer Zeit hervorgetrieben werden ;
eben so wenig trifft die Messung der zeitlichen Entfernung des
’ßeactionswortes vom Reizwort die Associationsdauer dann, wenn aus
dem zunächst associirten Vorstellungen-Complex bezw. der associirten
Begriffssphäre sich eine benannte Vorstellung nachträglich loslöst.
Bei complicirteren Associationen aber erscheint jeder Zeit-Messungs¬
versuch von vornherein aussichtslos.
Man wird dem Gewicht dieser Thatsachen nicht damit ausweichen
können, dass man wie Aschaffenburg (1. c. I, S. 219ff.) unter Aner¬
kennung, »dass die sprachliche Association durchaus nicht mit der
gleichzeitig auf anderem Gebiete auftauchenden ersten Association über¬
einstimmen müsse«, meint, dass man sich in Associationsversuchen
darauf beschränken dürfe, »die Beziehung von Reiz und Reaction fest¬
zustellen, wie sie sich im Sprechen spiegele«. Thatsächlich kann von
einer solchen »Spiegelung« nur dann die Rede sein, wenn eine ein¬
fache Vorstellung associirt wird, deren Kennwort das Reactionswort
bildet. In den übrigen Fällen — so schon wenn das Reactionswort
nur einen Theil der associirten Vorstellung bezeichnet, oder wenn ein
Vorstellungen-Complex associirt wird — ist sowohl die Bildung des
Reactionswortes als auch der Zeitpunkt seines Eintritts mitbedingt
von Factoren, die nicht dem durch den Reiz angeregten psychischen
Verlaufe angehören. Man denke nur an den unleugbaren Einfluss,
den die zufällige Lage des Articulationsmechanismus im Moment