Experimentelle Untersuchungen über Associationen.
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Was die Häufigkeit der einen Complex enthaltenden Associationen
anlangt, so waren sie sehr häufig nur hei einer Vp (die, nebenbei
bemerkt, in der Reizapperception auffällig stark assimilirte); eine
andere erklärte nach der zweiten Stunde, sie könne fast immer nur
einen Theil von dem angeben, was sie wirklich erlebt habe, betonte
später aber häufiger, dass referirte Phänomene thatsächlich das Be¬
wusstsein ausgefüllt hätten. Bei einer Vp fehlten sie fast ganz; die¬
selbe war ausgeprägt visuell veranlagt. Bei den übrigen waren sie
ziemlich häufig; von der ohjectiven Beschaffenheit der Reizwörter
schien ihre Häufigkeit nicht abhängig.
Fraglich war mir lange Zeit, oh man »XJrtheilsassociationen«
als eine besondere Kategorie annehmen dürfe. Ich war nicht geneigt,
einer Urtheilstheorie die Entscheidung darüber anheim zu geben, son¬
dern hoffte, dass eindeutige Fälle entscheiden würden. Ich habe
solche nicht gefunden. Die Mehrzahl der Fälle, in denen ich erst
Urtheilsassociationen glaubte erkennen zu dürfen, hielt bei eingehen¬
derer Prüfung nicht stand. Es handelte sich dabei erstens um Fälle,
in denen ein dem A-Phänomen angehörender psychischer Theilvor-
gang (ästhetisches Gefühl, Bekanntheitsqualität) die Aufmerksamkeit
erregte und zu einem Urtheil über den Reiz führte, das als apper-
ceptiver Vorgang anzusprechen ist18). Zweitens waren es Fälle, in
denen sich einem Reizbilde als B-Phänomen die Vorstellung oder
der Name des entsprechenden Objects associirte und die Vp dann
apperceptiver Weise die Identification vollzog19). Endlich gehört hier¬
hin noch die gelegentlich beobachtete Association der Schlussvor¬
stellung eines eingeübten apperceptiven Vorgangs, der selbst nicht
TTT 11. zaf — W. Affe, Zebra, Rhinozeros. Schien vollkommen gleich-
b zeitig. Ich weiß nur bestimmt, dass sich hinterher die
Worte langsam entwickelt haben, obwohl sie vorher zu¬
sammen da waren.
18) Hierher gehören die bei einer Yp (YI) häufigen, auch sonst nicht ganz sel¬
tenen Urtheile beim Anblick von Bildern und Portraits : »Schön«, »hässlich« ; »kenne
ich« [letzteres ohne die Identification zu vollziehen oder vollziehen zu können].
Auch der Fall gehört wohl hierher, in dem die Vp angesichts einer der 2ur De¬
monstration von optischen Täuschungen üblichen Zeichnungen nur constatirte, dass
die Täuschung wirklich vollzogen sei.
19) So constatirten die Yp’en häufig beim Anblick von Porträts: »Das ist
der und der«, ohne dass weitere Associationen sich unmittelbar anschlossen.