Volltext: Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss, Schluss (3)

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Ludwig Lange. 
die Körper in ihm ihre Orte einnehmen« (§ 8). Aber vorstellen kann 
man sich unzählige beliebig gegeneinander bewegte Räume 
welche dynamisch doch keineswegs gleichberechtigt sind; und es 
fehlt also noch eine nähere Bestimmung. Diese Unbestimmtheit des 
ganz ohne Rücksicht auf die gegebene Welt gedachten Raumes mag 
Euler später bemerkt haben, und er ist nun in dem Aufsatze von 
1748 bestrebt, die Realität des Raumes nachzuweisen und damit den 
Betrachtungen der Dynamik ein gleichsam solideres Fundament zu 
geben. In der »Theoria motus« bleibt er diesem Standpunkte treu. 
Auch über die Zeit ist Euler nicht immer derselben Meinung 
gewesen. Während er in der »Mechanica« die Frage nach der relativen 
und absoluten Zeit übergeht, sucht er in seinen späteren Schriften die 
Realität der Zeit in Strenge zu erweisen und damit den Begriff der 
absoluten Zeit als nothwendige Grundlage der Mechanik zu rechtfer¬ 
tigen. 
Ueber die Bewegung hat Euler eine Reihe von Erwägungen 
angestellt, welche der Newton ’sehen Darstellung nicht nur zur 
weiteren Begründung, sondern auch zur Ergänzung dienen sollen. 
Seine Besprechung des Unterschiedes zwischen absoluten und relativen 
Bewegungen ist viel systematischer als diejenige seines großen Vor¬ 
gängers. Er führt aus, wie es der relativen Bewegungen eines 
Körpers unendlich viele verschiedene gehen könne (M. § 12),1) wie 
die relative Bewegung mit der absoluten nur dann übereinstimme, 
wenn das Bezugsobject absolut ruht, und wie man sonst absolute und 
relative Bewegungen nicht verwechseln dürfe (M. §§10 sq. Th. m. 
§ 99). Die Begriffe der absoluten Ruhe und Bewegung, meint 
er, seien die wahren, echten, denn sie allein seien den Gesetzen 
der Bewegung angepasst (M. § 7). Insbesondere sei das Gesetz der 
Trägheit nicht für beliebige relative Bewegungen, sondern nur für ab¬ 
solute Bewegungen gültig, oder doch nur für relative Bewegungen in 
Bezug auf solche Körper, die im absoluten Raume entweder ruhen 
oder geradlinig und gleichförmig fortschreiten (M. §§ 59. 69. 77. Th. m. 
§§ 84. 99sq.). Dass auf Grund der Bewegungsgesetze die absolute Be¬ 
wegung nicht ganz unzweideutig festzustellen sei, d. h. dass es nicht 
1) M. = »Mechanica«, Tom. I., R. = »Réflexions . . .«, Th. m. = »Theoria mo¬ 
tus«, Tom. I.
	        
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