Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes.
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nehmer Weise sich aber eine solche Ueherschreitung rächen kann, da¬
für lässt sich ein merkwürdiges und hier in mehrfacher Beziehung in¬
teressantes Beispiel aus der Geschichte der Stellarastronomie anführen.
Bekanntlich nimmt die neuere Astronomie seit William Her-
schel (1783) eine wahre Eigenbewegung, wie aller übrigen Fixsterne,
so auch unserer Sonne mitsammt ihrem ganzen Systeme an. Wer
sich gegenwärtig hält, was man unter den »wahren Bewegungen« der
Planeten versteht, nämlich so viel als deren Bewegung zum heliocen-
trischen Inertialsysteme, der wird a priori vermuthen dürfen, dass
sich die »wahren Bewegungen« der Sonne und der Fixsterne auf ein
solches Coordinatensystem beziehen, mit Bezug worauf der Schwer¬
punkt des Fixsternhimmels ruht, und welches bei etwaiger dynami¬
scher Untersuchung der allmählichen Verschiebung aller himmlischen
Constellationen hinreichend genau als Inertialsystem gelten darf.
M. a. W. er wird sich unter der »wahren Bewegung« der Sonne so
viel denken als ihre Bewegung relativ zum »barycentrischen Inertial¬
systeme« des Fixsterncomplexes. Erwägt man indessen die mancherlei
Methoden, welche von den Astronomen zur Ermittelung der wahren
Sonnenbewegung angewandt worden sind, so überzeugt man sich, dass
die Bezugnahme bei dieser Bewegung, so wie die letztere von den Astro¬
nomen gelehrt wird, ihrem Wesen nach eine ganz andere ist und
höchstens durch reinen Zufall mit dem barycentrischen Iner¬
tialsystem des Fixsterncomplexes Etwas zu thun haben könnte. Nun
aber hat der berühmte Astronom Argeiander aus der Richtung der
»wahren Sonnenbewegung« auf die Gegend am Himmel geschlossen,
wo das dynamische Centrum dieser Bewegung seinen Sitz habe. Da
nämlich die »wahre Bewegung« eines Planeten — infolge der ge¬
ringen Excentricität seiner Bahn — ziemlich senkrecht zu dem nach
einigen sich anschließenden sehr zutreffenden Bemerkungen abgesehen dürften
Herharts übrige Ausführungen über den Bewegungsbegriff hier von geringem
Interesse sein. Insbesondere werden darin die dynamischen Paradoxien, welche
doch gegenwärtig den Kern der ganzen Präge ausmachen, ignorirt und auf die
Gründe der Gegner wird überhaupt viel zu wenig Rücksicht genommen, als dass
die geäußerten Ansichten weitere Anregung hätten gehen können. — Vgl. zu Obigem
auch Mach, Die Mechanik S. 216: »Relativ sind die Bewegungen im Weltsystem
. . . . dieselben nach der Ptolemäischen und nach der Copernicanischen
Auffassung. Beide Auffassungen sind auch gleich richtig, nur ist die letztere ein¬
facher und praktischer«.