Volltext: Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss, Schluss (3)

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Ludwig Lange. 
liegt. So gehen, um nur zwei der wichtigsten Beispiele an¬ 
zuführen, sowohl Kant als auch Euler von ihr aus und 
legen sie ihren ferneren Untersuchungen zu Grunde. 
Wenn sie nun im Weiteren dennoch von ihr abweichen, so thun sie es 
nur aus Anlass besonderer Umstände, nämlich gewisser angeblich 
unvermeidlicher Widersprüche , in welche man durch den Gebrauch 
jener Definition verwickelt werde. Diese Widersprüche aber 
existiren, wie gezeigt worden ist, in Wirklichkeit gar 
nicht, und wenn man zur Ergänzung des allgemeinen Bewegungs- 
begriffes die Begriffe des Inertialsystemes, der Inertialzeitscala, der 
Inertialdrehung und der Inertialruhe einführt, so wird dadurch aufs 
sicherste jeder falschen Anwendung des allgemeinen Bewe¬ 
gungsbegriffes vorgebeugt, welche den Schein innerer Wider¬ 
sprüche desselben nach sich ziehen könnte. Die metaphysischen 
Voraussetzungen des realen absoluten Raumes und der realen abso¬ 
luten Bewegung werden durch diese neuen Begriffsbestimmungen in 
allen ihren für die Mechanik bedeutsamen Functionen vollkommen 
ersetzt und überflüssig gemacht. 
Als grundlegende Definition der Mechanik hat darnach die fol¬ 
gende zu gelten : 
Bewegung ist die Veränderung der relativen Lage zu 
irgend einem gegebenen Bezugskörper oder auch zu ir¬ 
gend einem bloß vorgestellten Bezugssysteme. 
Bei Urtheilen über die Bewegung eines Dinges ist also, um Miss¬ 
verständnissen vorzubeugen, Angabe des Bezugskörpers oder Bezugs- 
systemes erforderlich ; ausgenommen sind nur solche Fälle, wo durch 
den Zusammenhang der Rede oder sonst irgendwie jeder Zweifel über 
die Bezugnahme von vornherein ausgeschlossen ist. 
Nach dieser Principiensetzung fällt die altherge¬ 
brachte Unterscheidung zwischen »wahrer« und »schein¬ 
bar er« B ewe gun g als gänzlich grundlos und überflüssig 
hinweg. Die tägliche Umdrehung des Firmamentes um die Erde ist 
genau eben so wirklich, als die tägliche Rotation der Erde, wie 
sie Copernicus lehrt. Ja sogar die Umwälzung der Erde und des 
Weltalls um den Körper eines Tanzenden ist durchaus kein bloßer 
Schein, sondern vielmehr eine unbestreitbare Erfahrungs¬ 
tatsache. Die Bezugnahme auf den Tanzenden ist keineswegs
	        
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