Volltext: Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss, Schluss (3)

Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes. 
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1. 
Gehen wir zunächst auf die gemachten Versuche, die Newton- 
sche Lehre wesentlich unverändert beizubehalten, näher ein. Diese 
Bestrebungen finden begreiflicher Weise besondere Vertretung in der 
englischen Fachlitteratur, wo sie vor allem durch gewisse Para¬ 
graphen von Thomsons und Taits »Treatise on Natural Philo¬ 
sophy«1) deutlich zum Ausdrucke gekommen sind. Bei uns hat sich 
von Physikern unter anderen Friedrich Zöllner in dem ange¬ 
deuteten Sinne ausgesprochen. Von den Philosophen endlich dürfte in 
erster Linie Otto Liebmann zu nennen sein, welcher den absoluten 
Raum und die absolute Bewegung als Postulate der mathematischen 
Vernunft bezeichnet und ihnen, wenngleich nicht transcendente Rea¬ 
lität, so doch transcendentale Geltung zugestanden wissen will.2) 
Neue Begründungs versuche für die N e wton’sche Lehre, 
d. h. andere, als schon von Newton selbst, von Euler und von 
Kant unternommen worden, finden wir kaum vor. Es ist ganz im 
Sinne Eulers, wenn z. B. Liebmann behauptet: »Nun! Wer das 
Trägheitsgesetz anerkennt, der gibt absolute Bewegung zu; und wer 
diese leugnet, stößt jenes um«.3) Da nun durchweg auch hier, wie bei 
Euler, von dem Begriffe der Bewegung als bloßer relativer Ortsver¬ 
änderung ausgegangen wird, um von diesem Fundamente aus 
die Unhaltbarkeit jenes Begriffes nachzuweisen, so bedarf es keiner 
neuen Widerlegung solcher sich im Kreise drehenden Begründungs¬ 
versuche (S. 651. 662). 
Mehr als diese Begründungs versuche interessiren uns gewisse 
anderweitige von Seiten neuerer Verfechter des Newt on’sehen Dog¬ 
mas vollzogene Erwägungen, die den Zweck haben, das Dunkel 
zu lichten, welches die metaphysischen Voraussetzungen des absolu¬ 
ten Raumes und der absoluten Bewegung als solche über die mecha¬ 
nischen Principien ausbreiten. Man hält an diesen Voraussetzungen 
fest, aber man will gleichzeitig ein klar verständliches mathematisch¬ 
physikalisches Aequivalent für dieselben bieten. Hierher gehört vor 
1) Vgl. zum voraus : Preface, p. VII. 
2) An Liebmann schließen sich an : Fritz Schultze, Philosophie der Na¬ 
turwissenschaft, Bd. IL S. 91 f., und Chr. Sigwart, Logik, Bd. II. S. 315ff. 
3) Zur Analysis der Wirklichkeit, S. 120 (1. AufL).
	        
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