Ueber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung etc. 579
Formulirungen in sich begreift, welchen ich fundamentale Bedeu-
tund beimesse, während die andere diejenigen Formulirungen enthält,
welchen ich bloß eine experimentale Bedeutung beilege.
Als fundamentale Formeln bezeichneich diejenigen, deren Ur¬
heber davon ausgegangen sind, aus den empirischen Daten eine mög¬
lichst einfache Beziehung zwischen Reiz und Empfindung abzuleiten,
von dem Gesichtspunkte ausgehend, dass zwischen Leib und Seele,
die doch in so inniger Wechselwirkung stehen, auch eine einfache
Abhängigkeit bestehen müsse. Diese Urheber sehen also ab von that-
sächlichen Schwankungen und Abweichungen von ihrer mathemati¬
schen Formulirung und schreiben dieselben vielmehr störenden Ein¬
flüssen zu. Die Urheber derjenigen Formeln dagegen, welche ich als
experimentale den ersteren gegenübergestellt habe, nehmen keine
störenden Einflüsse an, oder sie berücksichtigen dieselben nicht als
solche; sie sind vielmehr bestrebt, exacte Beziehungen aufzustellen,
welche in möglichster Uebereinstimmung mit den empirischen Daten
stehen. Daneben werden sie freilich zum Theil auch von anderen Er¬
wägungen geleitet.
Zur Klarstellung der Sachlage bemerke ich noch, dass die eben
gegebene Eintheilung nicht zu verwechseln ist mit der wesentlich
verschiedenen F e c h n e r’sehen Eintheilung der Formeln in fundamen¬
tale und experimentale1); Fechner versteht nämlich unter letzteren
allgemein die im Gebiet der äußeren Psychophysik bewährbaren For¬
meln , während er die ersteren lediglich auf die innere Psychophysik
bezieht. Die experimentalen Formulirungen decken sich hiernach bei
ihm mit den Apperceptionsgesetzen, die fundamentalen mit den
eigentlichen Empfindungsgesetzen. Meine oben gegebene Eintheilung
bezieht sich dagegen überhaupt nur auf die Apperceptionsgesetze, die .
ich ja in den Vordergrund der Betrachtung zu stellen gedenke. Unter
denselben halte ich nur die fundamentalen Formulirungen für geeig¬
net , entweder direct in die innere Psychophysik übertragen zu wer¬
den , oder als Basis zur Gewinnung eines eigentlichen Empfindungs¬
gesetzes zu dienen.
Da meist nicht streng zwischen Apperceptions- und Empfindungs¬
gesetz unterschieden wird, dergestalt dass man nicht immer weiß, ob
1) Vgl. Fechner, In Sachen der Psychophysik S. 13.
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