Ueber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung etc. 607
2) Das Gesetz der Empfindung.
Bedeute s die Empfindung, welche mit dem Kraftaufwand ô ver¬
bunden ist. Nach Delboeuf’s Ansicht ist es höchst natürlich, dass
die Empfindung um so größer, je größer ô und je kleiner c -f- ô ist,
und so setzt er hypothetisch den Zuwachs an Empfindung proportio¬
nal dem Zuwachs an Reiz und umgekehrt proportional dem Reiz
(richtiger Ausgabe an Kraft) c + d. Die hieraus folgende Differen¬
tialformel lautet :
ds
dä
c + f
Indem man integrirt und die Integrationsconstante dadurch bestimmt,
dass man 5 = 0 setzt, bekommt man :
b)
s = k' . log
c -{- tf
c
Aus den Formeln a) und h) zieht Delboeuf folgende Schlüsse :
In a) hat ô den Werth m = M— » als Maximum, weil für ô )> m
f imaginär wird ; die Erschöpfung f wird für ô — m unendlich, und
man verliert jegliche Empfindlichkeit, da die für die Empfindlichkeit
unerlässliche Kraft c verausgabt wird ; in b) hat ô den Werth â = M— e
als Maximum ; die Empfindung bleibt endlich, aber man verliert das
Leben des Organes, da die für dieses unerlässliche Kraft v verausgabt
ist. Da nun v und c für Lehen und Empfindlichkeit unentbehrliche
Kraftmengen sind, so folgert Delboeuf, dass ô den Werth M — v — c
nicht übersteigen darf.
Angenommen nun, dass die ganze Delboeuf’sehe Auffassung
aufrechtzuerhalten sei, insbesondere dass es gerechtfertigt sei, für
Leben und Empfindlichkeit einzeln Kraftvorräthe v und c als unerläss¬
lich aufzustellen, so erscheint die aus b) hervorgehende Folgerung,
dass für ö = M — c die Empfindung endlich bleibt, das Organ aber das
Leben verliert, absurd; wie kann man sich vorstellen, dass ein Organ
zerstört sei und doch noch eine Empfindung haben könne ! Diese den
Thatsachen widersprechende Folgerung würde vermieden werden,
wenn an Stelle von c in b) c -j- v stände; mit andern Worten, man
sollte nicht Leben und Empfindlichkeit trennen, sondern als zusam¬
mengehörig betrachten und für sie gemeinsam einen einzigen Kraft-