Volltext: Ueber die haupsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung des psychophysischen Gesetzes von Weber (3)

Ueber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung etc. 605 
ist für das Leben und die Empfindlichkeit des Individuums; man 
kann z. B. marschiren so lange, bis man unfähig ist einen weiteren 
Schritt zu thun ; dennoch bleibt aber Leben und Empfindlichkeit. Die 
disponible Empfindlichkeit ist gleich der absolut vorhandenen, ver¬ 
mindert um diese unerlässliche Empfindlichkeit. Sei die absolute 
Empfindlichkeit M, die für das Leben unerlässliche Empfindlichkeit 
v, und die für die Empfindung unerlässliche Empfindlichkeit c, so ist 
die in Wirklichkeit disponible Empfindlichkeit M — v — c. 
Bezüglich der Größe c wird weiter ausgeführt, dass die Organe 
sich nicht in absoluter Buhe befinden, dass vielmehr in denselben eine 
Beizursache besteht, welche das Leben und die Empfindlichkeit unter¬ 
hält. In Verbindung mit diesem subjectiven Beiz bringt ein äußerer 
Beiz eine Empfindung hervor. So verbindet sich die äußere auf uns 
einwirkende Wärme mit unserer eigenen Wärme. 
Dieser subjective Beiz, sagt Delboeuf weiter, soll durch c dar¬ 
gestellt werden ; ihm selbst soll keine Empfindung entsprechen ; diese 
beginnt erst mit dem Einwirken eines äußeren Beizes. 
In dieser Darstellung, welche im Wesentlichen nur eine Wieder¬ 
gabe der französischen Darstellung Delboeuf’s ist, kommen Unge¬ 
nauigkeiten vor, über die man sich, namentlich auch für das Folgende, 
zuvor klar werden muss. Was soll nach der gegebenen Darstellung 
die Größe c bedeuten ? Oben wird gesagt, c solle die für die Empfin¬ 
dung unerlässliche Empfindlichkeit bedeuten; und dann wird 
auseinandergesetzt, dass c den subjectiven Beiz darstellen solle. An¬ 
dererseits scheint Delboeuf die Worte Kraft und Empfindlich¬ 
keit zu identificiren. 
Wenn ich Delboeuf recht verstehe, so ist seine Auffassung 
kurz folgende : 
In den Organen existirt eine gewisse Quantität Kraft; von der 
Größe dieser Kraft hängt die Empfindlichkeit ab; ist die Kraft er¬ 
schöpft, so schwindet die Empfindlichkeit. Wirkt ein äußerer Beiz 
auf das Organ, so sucht dieses sich demselben zu accommodiren; 
hierzu ist eine Ausgabe an Kraft aus dem Kraftvorrath erforderlich ; 
je größer der äußere Beiz ist, um so größer muss auch diese Kraft¬ 
ausgabe sein. Delboeuf bemerkt gelegentlich, dass die Ausgabe an 
Kraft jedenfalls proportional sei dem äußeren Beiz. Dem oben er¬ 
wähnten subjectiven Beiz entspricht nun ebenfalls eine Ausgabe an
	        
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