Volltext: Ueber die haupsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung des psychophysischen Gesetzes von Weber (3)

(Jeber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung etc. 603 
pothesen der zweiten widerspricht. Nach jener zweiten Hypothese 
sollte der Process der Ausbreitung der Erregung in den Ganglienzellen 
bis in’s Unendliche fortschreiten, und um dem zu begegnen, stellt 
eben Bernstein eine neue Hypothese über die Schwelle auf, indem er 
sich dabei auf die Erfahrungsthatsache der Schwelle stützt. Ich lasse 
es dahingestellt, ob die Beschränkung der zweiten obigen Hypothese 
durch die dritte als ein so einschneidender Widerspruch aufzufassen 
ist, wie es Fechner thut. Soviel ist gewiss, dass Bernstein ebenso 
wie Fechner das Schwellengesetz nicht entbehren kann, um eine 
brauchbare Formel aufstellen zu können; und das Bernstein’sche 
Schwellengesetz hat eben dieselben Unzuträglichkeiten zur Folge, 
wie das Fechner’sehe. Bei Fechner war das Schwellengesetz ent¬ 
sprechend seiner ganzen Auffassung der psychophysischen Beziehung 
ein psychophysisches ; nach ihm muss der Reiz eine gewisse Minimal¬ 
größe haben, um eine Empfindung auslösen zu können. Die Reize 
kleiner als q lösen überhaupt keine Empfindung aus. Nach der Auf¬ 
fassung Wundt’s löst jeder Reiz, sofern er überhaupt das Sensorium 
erreicht, eine Empfindung aus ; diese letztere muss aber erst eine ge¬ 
wisse Minimalgröße übersteigen, bevor sie appercipirt werden kann. 
Man könnte die Schwelle hier entsprechend der Auffassung des Gesetzes 
als eine psychologische bezeichnen. Der physiologischen Deutung des 
Gesetzes bei Bernstein entsprechend ist nun auch die Schwelle von 
ihm physiologisch aufgefasst. Nach Bernstein muss der Reiz, die Er¬ 
regungeine gewisse Größe erreichen, um sich weiter auszubreiten, resp. 
überhaupt ausbreiten zu können. Einem inneren Reiz kleiner als ç 
entspricht also nicht mehr der letzte physiologische Vorgang, von dem 
die Empfindung direct abhängt, also entspricht ihm noch weniger 
eine Empfindung seihst. Hiernach sind die sich auch aus der Bern¬ 
st ein’sehen Formel ergebenden negativen Empfindungen ebenso 
wenig einer exacten Erklärung fähig, wie es beim F ec hn er’sehen 
Gesetz der Fall war. Man kann sagen, diese negativen Empfindungen 
correspondiren den physiologisch verloren gegangenen Reizen, welche 
kleiner als ç sind; aber sie sind nicht selbst wirkliche Empfindungen, 
und es gilt daher dasselbe wie früher.
	        
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