Volltext: Ueber die haupsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung des psychophysischen Gesetzes von Weber (3)

Ueber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung etc. 601 
log — = k . aS, 
° Q ’ 
und wenn wir noch aS = s einfiihren und einer neuen Constanten 
k' gleich setzen : 
eine Formel, die mit der Fechner’schen und Wundt’schen formal 
vollständig übereinstimmt. 
Man kann nicht verkennen, dass die gegebene Ableitung eine 
sehr eigenartige und sinnreiche ist ; aber sie basirt auf mehreren Hy¬ 
pothesen, deren Richtigkeit in Frage gestellt werden muss. Während 
alle anderen mathematischen Formulirungen des W e b e r’sehen Ge¬ 
setzes sich mehr oder weniger auf dieses stützen, von diesem aus¬ 
gehen, also auch mehr den Thatsachen gemäß sind, geschieht die 
Bernstein’sche Ableitung auf rein speculativem Wege, wobei Hy¬ 
pothesen überhaupt kaum zu vermeiden sind. Zur Aufstellung einiger 
seiner Hypothesen ist Bernstein durch physiologische Untersu¬ 
chungen geführt worden ; er sagt aber seihst, dass dieselben ihm erst 
durch den Umstand größere Wahrscheinlichkeit erlangt haben, dass 
auf Grund derselben das Fechner’sche Gesetz sich ableiten lässt, so 
dass man wohl annehmen kann, jene Hypothesen verdankten ihre 
Aufstellung zum Theil dem Bestreben, mittelst derselben zum Fech¬ 
ner’schen Gesetz zu gelangen. In der That drückt sich Bernstein 
gelegentlich einmal so aus : »Diese Vorstellung, an sich nicht unwahr¬ 
scheinlich, rechtfertigt sich durch das Resultat, zu dem sie führt«. 
Hiernach aber tragen sich hei Bernstein das psychophysische Ge¬ 
setz und die Hypothesen, auf denen seine Ableitung basirt, gegen¬ 
seitig, während man doch darauf ausgehen muss, durch Zuhülfenahme 
von Thatsachen oder überhaupt unbestreitbarer Momente zu einer end¬ 
gültigen Beziehung zwischen Reiz und Empfindung zu gelangen. 
Neben der allgemeinen hypothetischen Vorstellung über die Art 
und Weise, wie die Empfindung zu Stande kommen und wie ihre In¬ 
tensität vom Reize ahhängen soll, bedient sich Bernstein folgen¬ 
der vier besonderen Hypothesen : 
1) Der Verlust an Intensität bei der Ausbreitung der Erregung 
in den Ganglienzellen soll proportional der Intensität der Er¬ 
regung sein. .
	        
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