Volltext: Ueber die haupsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulirung des psychophysischen Gesetzes von Weber (3)

Ueber die hauptsächlichsten Versuche einer mathematischen Formulating etc. 5§3 
stimmten Reiz eine bestimmte Empfindung entspricht; auch wenn 
zwei Reize sich um weniger als die Unterschiedsschwelle unterschei- 
scheiden, sagt man, dass sie Empfindungen von verschiedener Inten¬ 
sität auslösen ; der Reihe unendlich vieler Reizintensitäten zwischen 
den Reizen r und r + Jr theilt man eine eben solche Reihe unend¬ 
lich vieler Empfindungsintensitäten zu, die ihnen entsprechen. Mit 
anderen Worten: man sagt, die Empfindung wachse stetig mit dem 
Reiz. Nicht ebenso ist es mit dem Merklichkeitsgrad der Empfindung. 
So lange sich zwei Reize um weniger als die Unterschiedsschwelle 
von einander unterscheiden, lösen sie Empfindungen aus, die für 
unser Bewusstsein dieselbe Merklichkeit besitzen ; daher unterschei¬ 
den wir sie nicht von einander. Entspricht einem Reiz r der Merk¬ 
lichkeitsgrad m, so bleibt dieser für die ganze Reihe der Reizinten¬ 
sitäten zwischen r und r + dr derselbe, für den Reiz r + dr springt 
derselbe plötzlich von m auf m + dm. Man kann also von der 
Merklichkeit der Empfindung nicht ein eben solches stetiges Zu¬ 
nehmen mit wachsendem Reiz behaupten, wie wir es für die Em¬ 
pfindung selbst annehmen. Will man sich ein geometrisches Bild 
von der Abhängigkeit der Empfindung resp. der Merklichkeit dersel¬ 
ben vom Reiz machen, so trage man auf einer Abscissenaxe von 
einem bestimmten Anfangspunkt aus die Reizintensitäten ab und 
stelle die zugehörigen Empfindungen resp. deren Merklichkeitsgrade 
durch die entsprechenden Ordinaten dar. Die Endpunkte dieser Or- 
dinaten bilden dann im ersten Fall eine stetige Curve, im zweiten 
dagegen eine treppenförmige Figur, also eine unstetige Curve. 
Macht man sich von dem gegenseitigen Verhalten von Empfin¬ 
dung und Merklichkeit derselben ein derartiges Bild, so bietet sich 
von selbst als einfachste und natürlichste Annahme die, dass die Em¬ 
pfindung gleichzeitig mit dem Reiz gegen Null abnimmt, dass dagegen 
die Empfindung erst eine gewisse Größe, die Empfindungsschwelle 
übersteigen muss, bevor sie für unser Bewusstsein merkbar wird. 
Hiernach würde für die Empfindung selbst keine Reizschwelle anzu¬ 
nehmen sein, wohl aber für die Apperception der Empfindung. Mit 
dieser Ansicht würde freilich das Fechner’sche Gesetz als Empfin- 
dungsgesetz nicht vereinbar sein, worauf ich gelegentlich zurückkom¬ 
men werde. 
Wir wenden uns nun wieder zum obigen Einwand Langei's.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.