Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (Schluss) (3)

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David Selver. 
Discours de Métaphysique 1686, der allerdings zunächst nur für 
eine private Mittheilung niedergeschrieben worden zu sein scheint. In 
dem fast ein Jahrzehnt später im »Journal des Sçavans« unter dem 
Titel »Système nouveau de la nature« etc. mitgetheilten Grundriss sei* 
nes Lehrgebäudes hat Leibniz nicht nur die sachliche Induction seines 
Substanzbegriffes ergiebiger als im Disc, de Mét. gegeben, sondern 
auch auf einige historische Ausgangs- und Anknüpfungspunkte seines 
Gedankenganges hingewiesen. *) Allein, so dankenswerth und lehr¬ 
reich auch jene Andeutungen Leibniz’ über seinen ursprünglichen Ge¬ 
dankengang sind, so sind sie doch im Ganzen lückenhaft und im Ein¬ 
zelnen unvermittelt und nur durch eine subsidiäre Interpretation 
verständlich. Es scheinen nämlich jene Notizen weniger auf eine 
sachliche Orientirung des Lesers über die innere Genesis der Mona¬ 
denlehre und ihre historischen Anknüpfungspunkte berechnet zu sein, 
als vielmehr auf eine Bekanntmachung desselben mit dem Urheber 
dieses »Neuen Natursystems«, dessen erster Eindruck vielfach kein an¬ 
derer als der des Paradoxen, um nicht zu sagen des Phantastischen, 
sein kann.1 2) Leibniz scheint es nicht für überflüssig gehalten zu ha¬ 
ben, den Leser im Eingänge darauf aufmerksam zu machen, dass er es 
hier mit einem Manne zu thun habe, der mit der Philosophie des Ari¬ 
stoteles und der Scholastiker nicht minder als mit der neuem Corpus- 
cularphilosophen und Atomistiker vertraut sei und auch selbstän¬ 
dige, umfassende mathematische und mechanische Studien und Unter¬ 
suchungen hinter sich habe ; ferner, dass derselbe seiner Zeit zu den 
Lehrmeinungen sich bekannt, die er mit seinem jetzigen System zu 
widerlegen, andererseits Anschauungen und Begriffe für leer und 
philosophisch werthlos angesehen habe, die er jetzt zum Theil zu re- 
habilitiren beabsichtige.3) 
Während aber der Leser mit allen jenen Mittheilungen über den 
Urheber des Systems, seine philosophischen Studien und seinen Ent¬ 
wickelungsgang außerhalb des Systems selbst gehalten wird, wird er im 
Disc, de Mét. durch die Darlegung des Begriffs der individuellen Sub- 
1) Syst. nouv. § 2—3. Erdm. p. 124. 
2) Diese Wirkung seiner Lehre hatte Leibniz bereits an Amauld erfahren, der 
Leibniz’ Sätze in einem Briefe an den Landgrafen Ernst v. Hessen-Rheinfels geradezu 
als »choquant« bezeichnete, was L. auch im Eingang zum Syst. nouv. andeutet. 
3) 1. c. § 3. Il fallut donc rappeler et comme réhabiliter les formes substan¬ 
tielles, si décriées aujourd’hui.
	        
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