Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (Schluss) (3)

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David Selver. 
mente und ihrer ersten Systematisirung gegeben werden, was im P01 
genden versucht werden soll. 
Weniger indirect lässt sich die Frage erledigen, in wieweit Leib¬ 
niz hei seiner Aufstellung und Ausbildung des Begriffs der Einzelsub¬ 
stanz im Sinne seiner Monadenlehre durch die mikroorganischen 
Entdeckungen seiner Zeitgenossen Leeuwenhoek, Malpighi und 
Swammerdam bestimmenden Einfluss erfahren hat. 
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass jene Entdeckungen auf 
Leibniz schon sehr früh Eindruck gemacht haben. Wir haben bereits 
die Stelle aus der Hypothesis physica mitgetheilt 4), wo er sich auf die¬ 
selben beruft, und Hinweisen auf diese Entdeckungen begegnet man 
in den Schriften und Briefen Leibniz’ aus fast allen Epochen seines 
Lebens.1 2) Nichtsdestoweniger scheint es uns ganz verkehrt, wenn man 
in der Kenntniss jener Entdeckungen den Hauptanstoß zur Ausbil¬ 
dung der Idee des sog. Mikrokosmos und der durchgehenden Beseelt¬ 
heit des Seins bei Leibniz finden will. Die Berufung eines Philosophen 
auf die Bestätigung, welche seine metaphysische Welterklärung durch 
Thatsachen der empirischen Wissenschaften findet, ist in der philoso¬ 
phischen Literatur nicht ohne Beispiel, kann aber doch nicht so auf¬ 
gefasst werden, als ob der Philosoph mit denselben auf die eigentliche 
Quelle seiner Conceptionen hinweisen wollte.3 4) 
Aber von diesen allgemeinen Erwägungen abgesehen, zeigt auch 
der philosophische Bildungs- und Entwickelungsgang Leibniz’, dass 
seine für die Monadenlehre grundlegenden Anschauungen und Ideen 
fast ausschließlich von mathematischen, phoronomisch-dyna- 
mischen4), nicht aber biologischen Betrachtungen und Studien an- 
1) S. oben. S. 261. 
2) In den Briefen an Arnauld, ed. Grot. S. 95, 119, 120; Nouv. ess. Erdm- 
S. 392, ib. S. 678 (an Bierling), ib. S. 172. Weitere Belege unten S. 439. 
3) Als ein Beispiel dieser Art aus der neuesten Zeit diene die Schrift Schopen¬ 
hauer’s : »Ueber den Willen in derNatur. Eine Erörterung der Bestätigungen, welche 
die Philosophie des Verfassers seit ihrem Auftreten durch die empirischen Wissen¬ 
schaften erhalten hat.« Werke Bd. IV. Schopenhauer würde aber jede Vermuthung, 
er sei zur Conception des Weltwillens auf anderem als rein speculativem Wege ge¬ 
langt, mit Entrüstung zurückgewiesen haben. 
4) Vgl. oben S. 425 das Citât aus dem Briefe an Arnauld und das Schreiben an 
den Herzog Joh. Friedr., Gerh. I. S. 50, »denn weil mich die Begierde, so ich von 
Jugend auff gehabt in diesen Dingen auff einen beständigen grundt zu kommen, ge 
trieben weiter zu gehen ; sohabe ich mit suchen allzeit riewe Materie zu suchen funoe
	        
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