Der Entwickelungsgang der Leibniz’schén Monadenlehre bis 1695.
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sei es gekommen, dass bedeutende Philosophen das Wesen
der Materie ausschließlich in der Aus dehnung erblick¬
ten und einen Begriff vom Körper aufgestellt haben, den man bisher
nicht gekannt, und welcher sich ebenso wenig mit den Naturphä¬
nomenen wie den Mysterien des Glaubens vereinigen
lasse. Es ließe sich beweisen, fährt Leibniz fort, dass aus der
Ausdehnung allein weder Activität noch Passivität
folge, dass aus derselben weder Consistenz noch Cohärenz der Kör¬
per erklärt werden könne. Aber Leibniz geht darüber rasch hin und
unterlässt eine sachliche Begründung dieser seiner Behauptung Be¬
stimmter verbreitet er sich über die Widersprüche, welche sich aus
dem Cartesianischen Körperbegriff gegen die Abendmahls- und beson¬
ders Transsubstantiationslehre ergeben. In einen Widerspruch mit
der letztem verwickle sich auch die an sich zwar etwas richtigere Be¬
stimmung des Körperbegriffs, welche zur Ausdehnung noch das Merk¬
mal der Undurchdringlichkeit [avuxvnia) oder der Masse hinzufüge.
Aber auch von jenem Widerspruch abgesehen, sei die Undurchdring¬
lichkeit als ein negativer Begriff nicht geeignet, die Idee des Körpers
in positiver Weise vollkommen auszudrücken. Die Bezeichnung der
Lndurchdringlichkeit als eine negative Eigenschaft der Körper ist
zwar sachlich nicht ganz zutreffend ; aber Leibniz scheint hier die
Gassendisch-atomistische Anschauung im Auge zu haben, der zu¬
folge die Undurchdringlichkeit aus einer solchen Verbindung der
Atome resultirt, bei der zwischen ihnen absolut kein leerer Kaum
besteht.
Um nun, fährt Leibniz fort, einen Körperbegriff zu gewinnen, der
sowohl den Anforderungen der physikalischen Thatsachen als luch
den Lehren der Theologie genüge, müsse man zu dem, was in der
Wahrnehmung des Körpers gegeben sei, noch den Begriff der
Kraft hinzufügen. Es wird aber im Zusammenhänge dieser Stelle
weht deutlich ausgesprochen, in welchem Sinne die Hinzufügung des
aftbegriffes zu dem sonstigen Inhalt der Sinneswahmehmungen ge-
sc ehen soll. Die Wahrnehmung eines Körpers, sagt er, enthält dreier-
ei: erstens, dass wir wahmehmen, zweitens, dass der Körper wahr¬
genommen wird, und endlich, dass das Wahrgenommene ein Mannig-
^ tiges und Zusammengesetztes oder Ausgedehntes sei.
alb, fährt Leibniz fort, ist dem Begriff der Ausdehnnng und des
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