Volltext: Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss (3)

414 
Ludwig Lange. 
mittheilte, und der mir geeignet schien, Frau Roma zur Erlaubnis 
der Meinung des Copernicus zu überreden, habe ich mich daran an- 
bequemt. Indessen, wenn Sie diese Meinungen über die Wirklichkeit 
der Bewegung hegen, so denke ich mir, müssen Sie wohl über dig 
Natur des Körpers Ansichten haben, welche von den gewöhnlichen 
verschieden sind. Ich habe solche von recht eigenthümlicher Art, die 
mir aber bewiesen scheinen«. 
Mit diesem Briefe bricht die merkwürdige Corresponded über 
den Gegenstand ab. Huygens starb bereits am 8. Juli 1695; viel¬ 
leicht trug er sich mit der Absicht, über den Unterschied zwischen 
wahrer und scheinbarer Bewegung und über seine Berechtigung Etwas 
zu veröffentlichen, und wurde nur durch den Tod daran gehindert.1) 
In seiner Schrift »De motu corporum ex percussione« macht er von der 
Relativität der geradlinigen Bewegung Gebrauch zur Ableitung der 
Stoßgesetze, ohne jedoch auf die krummlinige Bewegung dabei ein¬ 
zugehen. In dem posthumen »Cosmotheoros« beruft er sich zur Bekräf¬ 
tigung der Copernicanischen Ansicht auf das Simplicitätsprincip, 
wobei er zwar die conventionelle Seite desselben bevorzugt, aber durch¬ 
aus nicht auf die »simplicitas näturae« Verzicht leistet.2) 
Wenn sich Leibniz in seinen Briefen mit einer gewissen Nach¬ 
giebigkeit dem Huygens’schen Standpunkte genähert hat, so ist er 
darin fast noch weiter gegangen in einer späteren dynamischen Ab¬ 
handlung, dem zweiten Theile des »Specimen dynamicum«, dessen 
erster Theil 1695 in den »Actis eruditorum« erschien. Hier heißt es, 
nach einer ausführlichen Betrachtung über die phänomenale Aequi- 
valenz der verschiedenen Hypothesen, welche jedesmal in Frage 
kommen: »Indessen drücken wir uns, je nach Erfordemiss des einzel¬ 
nen Falles, im Sinne einer passenderen und einfacheren Erklärung 
der Phänomene aus, ganz so, wie wenn wir in der sphärischen Astro¬ 
nomie die Bewegung des »primum mobile« anwenden und in der 
Planetentheorie von der Copernicanischen Hypothese Gebrauch 
machen müssen ; so dass doch nachgerade jene mit so viel Eifer ge¬ 
ll Es wäre wohl der Mühe werth, in den zu Leyden sorgfältig aufbewahrten 
noch ungedruckten Manuseripten Huygens’ nachzusuchen, ob sich nicht he ^ 
kungen über diese Angelegenheiten darin finden. Vgl. Mädler, Geschichte 
Himmelskunde, Bd. I. S. 314. 
2) Opera varia, Lugd. Batav. 1724. p. 650 f.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.