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Ludwig Lange.
wickelung, welche nach dieser seiner Seite hin dem Bewegungsbegriffe
vorausbestimmt ist, eben dadurch soviel als möglich zu beschleunigen
Es versteht sich von seihst, dass die historische Forschung, welche die
Grundlage unserer Schlüsse bilden soll, ebenfalls vorwiegend die an¬
gedeutete Seite des Begriffes ins Auge fassen wird ; in der Natur der
Sache ist es aber begründet, dass es hier und da nicht ohne kritische
Seitenblicke auf angrenzende Gebiete abgehen kann.
Man darf ohne Uebertreibung behaupten, dass eine völlige Con-
sequenz in der Handhabung des Bewegungsbegriffes, eben nach der
in Frage stehenden Seite hin, in der bisherigen Wissenschaft kaum
dagewesen ist. Immerhin aber lassen sich gewisse elementare Grund¬
anschauungen angehen, aus denen, so zu sagen durch unbewusste Ver¬
mengung nach veränderlichem Verhältnisse, die besonderen zu ver¬
schiedenen Zeiten aufgetretenen Anschauungen zusammengesetzt sind.
Ich meine die drei folgenden Anschauungen.
Entweder wird angenommen, dass das Wesen der Bewegung
in einer Veränderung der Lage besteht, oder die Veränderung
der Lage gilt lediglich als äußerer Erfolg der Bewegung, welche
daun seihst als ein unerkennbarer innerlicher Vorgang im bewegten
Körper angesehen wird. Im erster en Falle aber sind noch zwei verschie¬
dene Lehrmeinungen möglich. Die eine behauptet: »Bewegung« ist
Veränderung der Lage relativ zu irgend welchen gegebenen oder ge¬
dachten Bezugsohjecten. Die andere tritt dem aufs entschiedenste
entgegen und lässt nur die Lagenänderung in Bezug auf den unend¬
lichen, leeren, sog. »absoluten« Raum als »wirkliche Bewegung« gel¬
ten. Da der letztere kein Gegenstand der Wahrnehmung, ja nicht
einmal der klaren Vorstellung zugänglich ist, so bleibt die Bezug¬
nahme auf ihn illusorisch, folglich ist die »Bewegung in Bezug auf
ihn« in Wahrheit keine relative, sondern eine absolute so gut wie jene
»innerliche« Bewegung, deren wir zuerst gedacht haben.
Alles, was für und wider jede dieser drei Grundformen des Be¬
wegungshegriffes geltend gemacht worden ist, lässt sich in folgende
Worte zusammenfassen. Die Auffassungen der Bewegung als eines
unerkennbaren innerlichen Vorganges oder als einer Lagenänderung
zum unerkennbaren absoluten Raume entbehren der Klarheit, au
welche wir in den Grundlagen der Mechanik Anspruch machen dürfen,
hat man sich aber einmal hierüber hinweggesetzt, so lässt sich da