Volltext: Die geschichtliche Entwickelung des Bewegungsbegriffes und ihr voraussichtliches Endergebniss (3)

Die geschichtliche Entwickelung des Bewcgungsbegriffes. 
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gexnen 
wissenschaftlichen Grundbegriffe, den er seinen Lesern auch 
nicht vorenthält. Galileis wirkliche Bewegungen beziehen sich auf 
denselben Raum wie sein dynamisches Grundgesetz, und eben darum 
haftet ihnen ein dynamisches Element an: aber erst bei Newton 
kommt dieses dynamische Element zu vollem Bewusstsein. Wenn 
darnach er als Galileis unmittelbarer Nachfolger in der Entwicke¬ 
lungsgeschichte des Bewegungsbegriffes betrachtet werden muss, so 
können wir doch zu ihm nicht übergehen, ohne zuvor eine andere 
der Entwickelung zwar fremde, aber darum nicht minder einflussreiche 
Gedankenrichtung ins Auge gefasst zu haben. Was Descartes über 
»Ort« und »Bewegung« gedacht hat, liegt in jeder Beziehung außerhalb 
des Weges, welcher von Galilei zu Newton führt. Und dennoch 
hat es hier die größte Bedeutung, indem es die Zeitgenossen mächtig 
auf das Problem des Bewegungsbegriffes aufmerksam machte und 
Galileis Lehre gerade durch den Widerspruch in Newton 
erst zu vollem Bewusstsein brachte. 
§ 4. Descartes und sein Gegner Henry More. 
Vergegenwärtigen wir uns zuerst Descartes’ Anschauungen 
vom Raume und Orte so weit, als es nöthig ist, um seine Ansichten 
über die Bewegung zu verstehen. Der von einem Körper eingenom¬ 
mene Raum ist nichts wesentlich Anderes, als der Körper selbst, 
betrachtet jedoch von uns: erstens mit dem Bewusstsein, dass seine 
unwesentlichen Eigenschaften, Härte, Farbe u. s. w. beliebig anders 
sein könnten ; zweitens mit Rücksicht auf äußere Körper, welche seine 
Lage bestimmen (II. 10—13).1) Der eingenommene »Raum« und der 
»Ort« eines Körpers sind insofern verschieden, als der »Raum« sich 
nicht so sehr auf die Lage gegen äußere Körper, als auf die Größe 
und Figur bezieht, während gerade das Umgekehrte vom »Ort« gilt. 
Der »Ort« eines Körpers zerfällt in seinen »inneren Ort«, welcher mit 
dem eingenommenen »Raume« identisch ist (II. 15), und in seinen 
»äußeren Ort«. Den letzteren erkennen wir durch die Beziehung des 
Körpers auf äußere »wie unbeweglich betrachtete« Körper (II. 13) und 
haben ihn zu definiren als die Grenzfläche im Contact mit umgeben¬ 
den Körpern, wobei aber diese Grenzfläche eben so wenig 
1) Zu lesen: Principia philosophiae. Pars II. 10—13. 
Wandt, Philos. Studien. III. 
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