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Ludwig Lange.
halte sich so oder so, derartige Redensarten anwendet, dass sie so oder
so unserer Einsicht gemäß sei; dass wir anders keinen Zugang ZUI
Erkenntniss dieser oder jener Sache haben würden; oder dass der Ver¬
stand der Philosophie sonst verwirrt werden müsste. Gerade als wenn
die Natur zuerst den Menschen das Gehirn verliehen und nachher
die Dinge der Fassungskraft ihres Verstandes angemessen geordnet
hätte. Ich aber möchte eher dafür halten, dass die Natur zuerst die
Dinge nach ihrem Gutdünken (a suo modo) gemacht und sodann die
menschliche Vernunft erschaffen hat, fähig, von ihren Geheimnissen
ein Weniges (aber nur mit großer Mühe) zu begreifen«.
Salviati: »Eben dies ist auch meine Meinung«.
Mit ganz ähnlichen Worten wird auch noch anderwärts die Stel¬
lung der menschlichen Erkenntniss zur Natur gekennzeichnet. »Was
uns zu verstehen sehr schwer fällt, vollbringt die Natur mit leichter
Mühe« (485), bemerkt Salviati, der Vertreter von Galileis eigen¬
sten Ansichten gelegentlich.
Das Sein und Werden in seiner Wirklichkeit zu erkennen,
heißt also, es aus den Gesichtspunkten der Natur anzuschauen. Wie
kann man aber die Gesichtspunkte der Natur finden? Antwort: es
sind immer diejenigen, woraus betrachtet die Dinge am einfachsten
aussehen. Denn »Unzweckmäßig (frustra) geschieht durch mehrere
Mittel, was durch wenigere geschehen kann« (138), und die Natur ist
zweckmäßig (429). Welche Rolle das Simplicitätsprincip bei
Galilei spielt, ist allgemein bekannt; hat doch er es zuerst zum
allgemeinen Grundsätze der Naturwissenschaft erhoben; es wäre
deshalb überflüssig, hier noch andere Stellen herbeizuziehen. Dass
Galilei das Geschehen in der Natur als Geistesaot derselben auf¬
fasst, steht außer Zweifel.1)
Der ganze hiermit aus einzelnen Stellen beleuchtete Grundge¬
danke wiederholt sich andeutungsweise in der folgenden Ausführung
Salviatis : Wenn nun, um aufs Haar dieselbe Wirkung zu erzielen,
es gleich viel ausmacht, ob die Erde allein sich bewegt, während das
ganze übrige Weltall ruht, oder ob, während die Erde fest bleibt, mit
1) Wenn wir heutigen Tags bisweilen die Natur als denkendes und handelndes
Wesen einführen, so geschieht es allerdings nur im bildlichen Sinne. Dass aber
von einer bloßen bildlichen Redeweise bei Galilei nicht die Rede ist, scheint nnf
aufs deutlichste aus der soeben citirten Stelle der Dialoge hervorzugehen.