Psychometrische Untersuchungen.
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dass dieser Fehler eliminirt werden kann, wenn man die Gesammtzahl
der Versuche genügend groß macht ; das erfordert aher einen großen
Aufwand von Zeit und Arbeit, ohne den Fehler vollständig zu corri-
o-iren. In physikalischen Experimenten können die Messungen, welche
vom Mittelwerth am meisten abweicheri, eben so leicht nach der einen
als nach der anderen Seite hin liegen, das ist aber nicht der Fall hei
unseren Versuchen. Reactionen, welche so kurz sind, dass sie den
Mittelwerth ernstlich beeinflussen könnten, können kaum Vorkommen,
aher in Folge innerer oder äußerer Störungen werden die Reactionen
zuweilen abnorm lang. In Folge dessen ist auch, wenn wir den
Mittelwerth aus einer unendlich großen Anzahl von Reactionen neh¬
men , das Resultat nicht genau, sondern immer etwas größer als das
Mittel der unter normalen Umständen ausgeführten Reactionen. Rie
von Exner eingeführte Methode, Reactionen, welche zu lang oder zu
kurz zu sein scheinen, einfach wegzulassen, kann ja möglicherweise
richtige Resultate ergehen, sie ist aher zweifellos unsicher. Der Ex¬
perimentator glaubt den richtigen Werth gefunden zu haben und lässt
dann, vielleicht ohne sich dessen klar bewusst zu werden, bei der Be¬
rechnung diejenigen Reactionen weg, welche diesen Werth ändern
könnten. Merkel1) z. B. gibt 15 Mittel, in denen seine Apper-
ceptionszeit zwischen 22 und 25 a liegt, und die Zeiten in 120 anderen
Reihen, welche mit 8 verschiedenen Personen angestellt sind, stimmen
genau damit überein, da sie nur zwischen 19 und 26 er variiren. Diese
Mittel stimmen bis zu einer vollständig unmöglichen Genauigkeit
überein ; wir werden uns daher nicht wundern dürfen, wenn wir die
angegebene Zeit vollständig falsch finden. Die Arbeit von v. Kries
und Auerbach2) verliert viel von ihrem Werth durch den Umstand,
dass hei der Berechnung ihrer Resultate sehr viele der gefundenen
Zeiten weggelassen sind.
Ich habe eine andere und, so weit ich weiß, neue Methode ange¬
wandt. Wenn der Apparat nicht gehörig functionirte, wurde natür¬
lich keine Reaction gemessen, aher aus allen gemessenen Reac-
honen wurde das Mittel berechnet. In einer Reihe wurden ent¬
weder 13 oder 26 Reactionen gemacht; daraus wurde das Mittel be-
1) Philos. Stud. II, 1.
2) Du Bo is-Reymond’s Archiv, 1877.