Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (3)

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David Selver. 
Eigenschaft der Körper anzusehen sei, erklärt Leibniz : »Kein Streben 
(conatus) dauert ohne Bewegung länger als einen Moment, außer in 
den Geistern ; denn was in einem Moment der conatus ist, das ist die 
Bewegung eines Körpers in der Zeit!. Hier öffnet sich die Pforte«, 
fährt er fort, »durch welche man zurjwahren, bis jetzt noch von nie¬ 
mand gegebenen Unterscheidung von Körper und Geist gelangen 
kann. Jeder Körper ist nämlich ein momentaner Geist (mens momen- 
tanea), d. h. ein solcher, dem keine Erinnerung eigen ist, weil er sein 
Streben und gleichzeitig das entgegengesetzte eines andern nicht über 
einen Augenblick hinaus beibehält, während zu Empfindungs- und 
Gefühlsäußerungen die Wahrnehmung von Action und Reaction noth- 
wendig ist.«1) 
Diejenigen Schriftsteller über Leibniz, welche in diesem Satze 
die Monadenlehre bereits im »Keime« erblicken oder Leibniz mit 
diesem Satze derselben »schon sehr nahe gerückt« finden,2) hätten be¬ 
achten sollen, dass Leibniz gerade in diesem Satze auf ganz 
besonders zutreffende Weise die Bedingungen kenn¬ 
zeichnet, auf denen die Regungen des Psychischen be¬ 
ruhen und welche er im Bereiche des rein materiellen 
Seins ausdrücklich als unerfüllt bezeichnet, während 
doch die immanente Beseeltheit zu den wesentlichsten 
Merkmalen des Monadenhegriffs gehört. Der Begriff des Co¬ 
natus , wie ihn Leibniz hier bestimmt hat, ist aber, auch abgesehen 
von dem Momente des Seelischen, dem späteren Substanz- und Mo- 
1) Nullus conatus sine motu durât ultra momentum praeterquamTn mentibus. 
Nam quod in momento est conatus, id in tempore motus corporis : hic aperitur porta 
prosecuturo ad veram corporis mentisque discriminationem hactenus a nemine expli- 
catam. Omne enim corpus est mens momentanea seu carens recordatione, quia conatum 
simul suum et alienum contrarium (duobus enim, actione et reactione, seu compara- 
tione ac proinde harmonia, ad sensum et, sine quibus sensus nullus est, voluptatem 
vel dolorem opus est) non retinet ultra momentum : ergo caret memoria, caret sensu 
actionum passionumque suarum, caret cogitatione (§ 17). 
2) In dem bezeichneten Sinne haben auf diese Stelle bereits Thomsen und 
Brücker hingewiesen. Vgl. O. Caspari: »Leibniz, das Princip der Monade und das 
Problem der Wechselwirkung« (Heidelberg 1869. S. 89). Auch die in der bereits 
erwähnten Schrift von S. Auerbach enthaltenen, auf den Begriff des conatus bezüg¬ 
lichen Ausführungen scheinen uns nicht nur den eigentlichen Sinn dieses Begriffs zu 
verfehlen, sondern sind auch an und für sich nicht frei von Widersprüchen. M. vgl. 
S. 30u.31.
	        
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