Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (3)

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David Selver. 
den Meditationen des Cartesius, um ermessen zu lassen, »wie viel 
daran fehle, dass er Cartesianer sei«,1) so kann dies eine sachliche 
Prüfung seiner in diesem wie in dem vorhergehenden Briefe nieder¬ 
gelegten Anschauungen, sowie ein genaueres Eingehen auf die Vor¬ 
aussetzungen und Ausgangspunkte seines Philosophirens während 
dieser Epoche in keiner Weise bestätigen. Dass Leibniz nur von der 
Voraussetzung des Cartesianischen Substanzhegriffes aus »mens« im 
nicht immanenten Sinne als Bewegungsprincip der Materie be¬ 
zeichnen konnte, haben wir bereits gezeigt; ebenso, dass in der An¬ 
näherung an die Physik des Descartes das eigentliche Motiv für die 
Behandlung der ganzen Präge nach dem Bewegungsprincip lag. Und 
wenn Leibniz im Zusammenhänge dieses Schreibens erklärt : »Proban- 
dum autem est nulla dari entia in mundo praeter mentem, spatium, 
materiam, motum«,2) so ist das sicherlich im Cartesianischen Sinne 
gesprochen, wenn auch Cartesius Bewegung und Kaum nicht auf eine 
Stufe stellen würde mit mens, d. h. denkender Substanz, und materia, 
d. h. ausgedehnter Substanz, da die beiden ersteren nach Cartesius 
nur als modi der beiden letzteren zu gelten haben. Aber diese Ab¬ 
weichung ist doch von keiner principiellen Bedeutung ; denn vollkom¬ 
men im Sinne und Geiste des Cartesianischen Systems fährt Leibniz in 
demselben Zusammenhänge fort: »Quis imaginari sibi potest ens, quod 
neque extensionis neque cogitationis sit particeps? Quid opus igitur 
animas brutorum metallorumque substantiates extensionis expertes 
ponere?3) Ebenso erinnert gegen Ende dieses Briefes (§ 13) die Art, 
wie er den Begriff des Körpers durch Abzug aller sinnlichen Quali¬ 
täten zu gewinnen sucht, an das methodische Verfahren Descartes’, 
und besonders an das bekannte Beispiel vom frischen Wachs.4) Einen 
1) Quare dicere non vereor plura me probare in libris Aristotelis negi qjvtrixÿs 
àxQoaanuis, quam in meditationibus Cartesii; tantum abest, ut Cartesianus sim 
Erdm. 48 (IV) ; Gerh. Bd. I. S. 16. 
2) Erdm. S. 53 (XII) ; Gerh. Bd. I. S. 24. 
3) Gerh. und Erdm. a. a. O. Noch viel bestimmter, als es hier der Fall ist, 
spricht Leibniz in einem wohl derselben Zeit angehörenden, von Trendelenburg 
(Hist. Beitr. Bd.II. S. 265 ff.) mitgetheilten Fragment rechtsphilosophischen Inhalts 
den Thieren eine Seele ab (siehe S. 269 die Definition von persona). Später allerdings 
in seiner Notata critica circa vitam et doctrinam Cartesii wirft Leibniz dem Carte¬ 
sius u. a. vor : »Porro brutis sensum negat, fictorum potius quam verorum animalium 
genesin et structuram explicat (Gerh. Bd. IV. S. 314). 
4) Meditationes II, 12.
	        
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