Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (3)

Der Entwiekelungsgang der Leibniz’schen Monadenlehre bis 1695. 
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Es will dem principiellen Sinn dieser Ausführungen und Begriffs¬ 
bestimmungen gegenüber wenig bedeuten, wenn Leibniz hinterher 
den Versuch macht, die Bezeichnung der Form, welche er soeben als 
ein secundäres Product, und zwar als ein solches, welches in seiner 
jedesmaligen Bestimmtheit aus der Bewegung der materiellen Theil- 
chen hervorgeht und demgemäß nichts anderes als die räumliche An¬ 
ordnung derselben repräsentirt, gekennzeichnet hatte, als eine sub¬ 
stantielle zu rechtfertigen, und auf diese Weise den Ausgleich der 
neueren mechanischen Naturphilosophie mit der des Aristoteles zu 
Stande zu bringen glaubt. Das wesentlichste Argument ist ihm in 
dieser Beziehung, dass auch nach Aristoteles die Geometrie eine Wis¬ 
senschaft sei, und da das Object einer jeden Wissenschaft eine Sub¬ 
stanz sei, so dürfe auch die Figur, oder vielmehr der Baum, als eine 
Substanz bezeichnet werden, und demgemäß auch jede mathematische 
Figur in abstracto als substantiell.* 1) 
Man wird dieses Argument schwerlich eines Leibniz, wenn auch 
des damals erst 22jährigen Leibniz, würdig finden, und die entwick¬ 
lungsgeschichtliche Darstellung seiner Ideen hätte kaum ein Becht, 
solche Argumente zu reproduciren, wenn dieselben nicht eben zur 
Charakteristik dienten, wie gering der Antheil war, welcher der 
aristotelischen Philosophie bei dem Ausgleich derselben mit der mo¬ 
dernen Naturphilosophie zufiel. Das Schwergewicht der Sache und 
der ihr zukommenden Bedeutung wird auf die Cartesianische Wag¬ 
schale gelegt, auf die Aristotelische aber kommt nichts als das Ge¬ 
wicht eines leeren Terminus. Wenn Leibniz in dem zweiten concilia- 
torischen Schreiben, welches sich in den für uns in Frage gekommenen 
sachlichen Ausführungen vollkommen mit dem ersten deckt und sich 
von demselben nur durch seinen größeren Umfang und die systema¬ 
tischere Form der Darstellung unterscheidet, dem Thomasius versichert, 
dass er in der Physik des Aristoteles mehr finde, was er billige, als in 
qui plateas urbis perreptando cominus temptat. (Gerh. 1. c. p. 10). Dieses Bild hat 
Leibniz auch später mit Vorliebe für die Art gebraucht, wie nach seiner Meinung 
jede Monade, je nach ihrer Stellung im Weltall, dieses unter einem verschiedenen 
Gesichtspunkte »repräsentirt«. In dem letzteren Sinne kehrtdasselbe zum ersten Male 
wieder in Discours de Métaphysique, 1686, ed. Grot. p. 161, und fast gleichzeitig in 
einem Briefe an S. Foucher. Gerh. I. S. 383. 
1) Gerh. a. a. O. S. 10. Ganz ebenso argumentirt Leibniz in dieser Beziehung 
m dem zweiten conciliatorischen Briefe vom Jahre 1669. Erdm. S. 51 (X) ; Gerh I 24 
Wundt, Philos. Studien. UI.
	        
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