Volltext: Der Entwickelungsgang der Leibniz‘schen Monadenlehre bis 1695 (3)

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David Selver. 
keine andere Kealität haben, als nur die die jedesmalige Anordn 
der Theilchen repräsentirende Form, und sollen nur in sofern von uns 
verschieden wahrgenommen werden, als auch unsere Sinne selbst eine 
räumlich verschiedene Stellung zu den Dingen einnehmen. Nun hatte 
zwar auch schon Cartesius in Folge seiner erkenntnisstheoretischen 
rationalistischen Grundsätze* 1) einen Unterschied geltend gemacht 
zwischen denjenigen Qualitäten der ausgedehnten Substanz, welche 
ihr eigentliches Wesen ausmachen — und diese reducirten sich be¬ 
kanntlich auf die bloße Ausdehnung — und denjenigen, welche sich 
erst aus der Beziehung des materiellen Substrats zu dem percipiren- 
den Subject ergeben. Aber, während Cartesius die in der Wahrneh- 
mung gegebenen Modificationen (modi) der ausgedehnten Substanz 
als ein Product des Zusammenwirkens von physikalischen und psy¬ 
chischen Momenten ansah, versucht Leibniz, dieselben lediglich als 
den Ausdruck der verschiedenen, rein räumlich gedachten Beziehun¬ 
gen der Sinne zu dem an sich in jeder Hinsicht indifferenten, in die 
Wahrnehmung tretenden Außending darzustellen. Die verschiedenen 
einzelnen Wahrnehmungen, führt er aus, verhalten sich zu ihrem Ob¬ 
jecte, d. h. zu der als bloße Anordnung der materiellen Theilchen ge¬ 
dachten Form, nur wie verschiedene Gesichtspunkte oder Standorte, 
von welchen ein Gegenstand betrachtet wird, zu dem Gegenstände 
selbst, wie z. B. die nach dem jeweiligen Standorte des Beschauers 
verschiedene Erscheinungsweise einer Stadt zur eigentlichen Lage 
(Form) derselben. So gleiche der Gesichtssinn demjenigen Beschauer, 
der von einer Thurmspitze auf die Stadt herabsehe, dagegen der Ge¬ 
hörssinn dem, der, in derselben Fläche mit der Stadt, aber außerhalb 
ihres Weichbildes sich befindend, dieselbe betrachtet ; der Tastsinn 
gleicht jemandem, der sich innerhalb der Stadt durch Herumkriechen 
über die Lage der Straßen orientiren will.2) 
ein bloßes Product von Bewegungsvorgängen, dass sie vielmehr (als kvxeXé/eia) als 
Ursache und Princip der Bewegung selbst angesehen werden muss. 
1 ) Es hat also die Unterscheidung von primären und secundären Qualitäten bei 
Descartes und auch wohl bei Locke einen anderen Ausgangspunkt als bei den alten 
Atomistikern. 
2) . . . qualitates sensibiles ita se habent ad formam ipsius rei, uti se habet ad 
ipsum urbis situm varietas apparentiarum, quae mutato intuentis situ multipliciter 
variantur. Visus enim ad rem videtur se habere, ut is, qui ex summa turri urbem de- 
spicit : auditus est similis in eodem plano extrinsecus intuenti. Tactus eum refert,
	        
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