Die I,ehre von der Quantification des Prädicats in der neueren englischen Logik. 193
sondern es muss das Ganze der einen und der anderen Lehre in seinem
wahren Kern erfasst werden ').
Als den Kern der Lehre von der Quantification aber haben wir
bezeichnet, dass durch ausdrückliche Hervorhebung der Quantität
beider im Urtheile enthaltenen Begriffe, die sich dadurch als Quanti¬
täten darstellen, das Urtheil selbst als Ausdruck eines Gleichheitsver-
hältnisses zwischen den beiden Quantitäten Subject und Prädicat,
also als logische Gleichung aufzufassen ist. Worin besteht nun das
Boole’sehe System? Dasselbe wird oft, freilich mit Unrecht, als ein
Versuch bezeichnet, die Logik auf Mathematik zurückzuführen, eine
Auffassung, zu der man offenbar durch die an mathematische Zeichen
erinnernde Symbolik desselben veranlasst worden. Was Boole in
Wahrheit anstrebte, war, für die Logik eine ähnliche Behandlungs¬
weise ihrer Probleme zu begründen, wie sie in der Mathematik seit
undenklichen Zeiten üblich ist. Boole war von Haus aus Mathema¬
tiker, und da das logische Denken, wie vielfach angenommen wird,
in der Mathematik seinen schärfsten Ausdruck findet, so glaubte er,
dass ein Verfahren, das in dieser Wissenschaft so fruchtbringend ge¬
wesen, auch für die logischen Operationen als ein nutzbringendes sich
erweisen dürfte. Das Ziel, das er sich gesetzt hatte, war, nicht Logik
zur Mathematik zu machen, sondern für dieselbe einen dem mathe¬
matischen ähnlichen Calcul zu begründen. Als das Kennzeichen eines
wahren Calculs bezeichnet er aber »den Gebrauch von Symbolen,
deren Gesetze der Combination bekannt undaligemein sind und deren
Kesultate eine widerspruchslose Interpretation zulassen« 2). Ein solcher
logischer Calcul setzt aber noth wendig voraus, dass man Begriffe als
logische Quantitäten, also als Größen betrachtet, und ist überhaupt
. So könnte man, sich an Aeußerlichkeiten haltend, eine Beziehung der Ha¬
milton sehen Doctrin zum System von Boole nachzuweisen glauben etwa durch
einen Hinweis darauf, dass auch Hamilton, vielleicht eine ähnliche Weiterent-
"ickelung seiner Lehre ahnend, bestrebt war, eine symbolische Notation zu be¬
gründen, und doch würde das keine innere Verwandtschaft beider bekunden, da es
nnulton auf eine bloße Veranschaulichung der verschiedenen Begriffsverhält¬
nisse ankam, Boole aber auf Symbolik seine ganze Lehre gründete.
ristisch^ ^ matllematical analysis of logic. Camhr. 1847. p. 4. Es ist characte-
ris mc , dass sich das an das Boole’sehe sich eng anschließende System von
enn a s »symbolische Logik« bezeichnet.
77«ndt, Philos. Studien. III.
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