Psychologische Analyse der stroboskopischen Erscheinungen.
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wollen annehmen, die Staketenstäbe stehen alle genau parallel, also
etwa vertical, und die Breite jedes einzelnen Stabes beider Zäune sei
durchweg dieselbe und zwar ebenso groß als die Breite des Zwischen¬
raums zwischen zwei aufeinander folgenden Stäben. Die Entfernung
des vorderen Zauns vom eignen Standort möge sich zu der Entfernung
beider Staketenzäune von einander wie 4 : 1 verhalten.
Versehen wir die aufeinander folgenden Staketenstäbe des vor¬
deren wie des hinteren Zauns von einer bestimmten Stelle ab mit fort¬
laufenden Nummern, so werden sich in einem bestimmten Moment
etwa die Eindrücke der Stäbe 1, 5, 9 etc. des vorderen Zauns mit
denen je zweier Stäbe, bez. 1, 2; 6, 7; 11, 12 etc. des hinteren Zauns
zu einem neuen Eindruck verbinden, den wir gewöhnlich als einen über
den vorderen Zaun ausgebreiteten oder zwischen beiden Zäunen schwe¬
benden Schatten deuten.1) Solche Schatten stellen sich auch ein, nur
in viel complicirterer Form, wenn man zwei Drahtgitter übereinander-
hält. Sie beruhen darauf, dass die beiden Staketenzäune, resp. die
beiden Drahtgitter verschiedene Entfernung vom Auge besitzen, und
man deshalb nicht im Stande ist, beide zu gleicher Zeit deutlich zu
sehen. Fixirt man einen Punkt des vorderen Zauns, so sieht man die
Punkte des hinteren in Zerstreuungskreisen und umgekehrt. Fixirt
man einen Punkt zwischen beiden Zäunen, so sieht man die Stäbe
beider Zäune undeutlich und verbreitert. Die Anzahl und Größe
dieser Schatten ist sowohl Function des Abstandes der beiden Sta¬
ketenzäune von einander als auch Function des Abstandes des Be¬
obachters vom vorderen Zaun. Bewegt sich der Beobachter nun fort2),
so werden sich die beiden Zäune gegen einander verschieben, so dass
momentan die beiden Schatten verschwinden; die Combination der
beiden Zäune befindet sich etwa dann in einem solchen Stadium, wq
wir keine merklichen Schatten erkennen. Im nächsten Moment
werden sich wieder neue Schatten und zwar an den Stellen der Stäbe
2, 6, 10 etc. des vorderen Zauns bilden; dabei sind jetzt die hinteren
1} Dabei ist stillschweigend die für die Erklärung dieser Erscheinungen un¬
wesentliche Voraussetzung gemacht, dass die vorderen Basiskanten der Stäbe beider
Zäune bez. nicht in gerader Linie, sondern auf zwei concentrischen Kreisen liegen,
m deren gemeinsamen Mittelpunkt der Beobachter sich befindet.
2) resp. dreht er sich bei unserer Voraussetzung etwas um seine eigene Axe,
so dass er im Mittelpunkt der beiden concentrischen Kreise bleibt.