Psychologische Analyse der stroboskopischen Erscheinungen. 129
mit der bemalten Seite einem Spiegel zugewandte Scheibe und blickt
dabei auf der Rückseite durch die Fenster, so sieht man im Spiegel n
Gegenstände, welche in einer Bewegung begriffen sind, die genau den
aufgezeichneten Phasen entspricht.
Diesem Apparat gab später Horner1) eine zweckmäßigere Ge¬
stalt, welche vor allem den Spiegel entbehrlich macht und außerdem sich
durch größere Schärfe der sich bewegenden Figuren vor jenen Schei¬
ben von Stampferund Plateau auszeichnet, — weshalb, werden
wir später erkennen. In der Form, die der Apparat von Horner er¬
halten hat, ist er noch heute als Kinderspielzeug sehr verbreitet. Er
besteht aus einem hohlen Cylinder mit Fenstern in gleichen Abständen,
der auf den Rand einer in horizontaler Lage drehbaren Kreisscheibe
aufgesetzt und befestigt ist. Die Figuren, welche die Phasen der Be¬
wegung eines Gegenstandes darstellen, zeichnete Horner auf die
Innenfläche des Cylinders in die Zwischenräume benachbarter Fenster
ein; heutzutage zeichnet man sie auf einen Papierstreifen auf und *
legt dann den letzteren an die Innenfläche des Cylinders unterhalb
der Oeflhungen an. Horner gab seinem Apparat den Namen Dä-
daleum, da er, wie er sagt, ähnlich dem Kunstwerk, welches jener
berühmte Künstler des Alterthums erfunden haben soll, Gestalten von
Menschen und Thieren schafft, die sich bewegen; jetzt ist er unter
den Namen Wundertrommel, Zoëtrop, Wheel of life
bekannt.
Die im Voraufgeh enden beschriebenen Apparate schienen mir nun
für den Zweck einer genaueren Untersuchung der auftretenden Er¬
scheinungen aus dem Grunde nicht sehr geeignet, weil bei ihnen allen
während der Rotation die Geschwindigkeit der Oeffnungen einerseits
und der Figuren andrerseits genau gleich ist, und zwar bewegen sich
die Oeffnungen, durch die man beobachtet, und die Figuren bei den
Apparaten von Stampfer und Plateau in derselben Richtung, beim
Dädaleum in entgegengesetzter Richtung ; dies ist auf die Erscheinung
selbst nicht ohne Einfluss. Um nun einen Apparat zu haben, bei dem
man das Verhältniss der Geschwindigkeiten sowie die Richtung der
Bewegung von Spalten und Figuren beliebig variiren kann, benutzteich
zwei Scheiben; die eine trug nahe der Peripherie die aufgezeichneten
1) Poggendorff’s Annalen, Bd. 32, pag. 650.
Wundt, Philos. Studien. III.
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