Psychologische Analyse der stroboskopischen Erscheinungen.
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letzten Stadien des Nachbildes, die in die Phase des neuen Eindrucks
herüberreichen, im allgemeinen vernachlässigen.
Der obige Satz wird allgemein für die Entstehung
der Bewegungsvorstellungen hei ruhendem Auge gelten.
Von einem sich bewegenden Körper der Außenwelt sehen wir nicht
alle Phasen der Bewegung, weil das Auge unter einer gewissen Grenze
der Lageveränderung der äußeren Dinge unempfänglich für dieselben
ist. Wir nehmen nun erst dann die Bewegung eines Körpers der
Außenwelt unmittelbar wahr, wenn die Geschwindigkeit eine gewisse
Grenze überstiegen hat, nämlich erst von dem Moment an, in dem
zwei für unser Auge bemerkbare aufeinanderfolgende Phasen der Be¬
wegung in kürzerer Zeit Bilder auf die Netzhaut werfen, als das Nach¬
bild der ersten Phase dauert. —
Es ist ferner von Interesse, zu untersuchen, wie weit die beiden
noch im genügenden Zeitintervall erschienenen Bilder zweier aufeinan¬
derfolgender Phasen auf der Netzhaut höchstens von einander entfernt
sein dürfen, um doch noch den Eindruck zu erwecken, als wären sie
Bilder zweier Bewegungsphasen ein und desselben Gegenstandes.
Um zunächst einmal einen Ueberblick über die Resultate, die sich bei
diesbezüglichen Messungen einstellen, zu gewinnen, benutzte ich das
kleinere 13 fenstrige Dädaleum. Den schon früher verwendeten Bil¬
derstreifen mit 13 Phasen eines auf- und abschwingenden Punktes
veränderte ich so, dass nur die verticalen Abstände der einzelnen
Phasen von einander in entsprechenderWeise vergrößert wurden. Um
dies zu ermöglichen, zeichnete ich die Bilder auf einen in den Däda-
leumcylinder passenden Papiercylinder von beträchtlicher Höhe auf,
nachdem aus demselben genau in der Weise wie am Dädaleumcylin-
der 13 Fenster ausgeschnitten waren. Eine erste derartige Einlage,
■®i, hatte dieselbe Höhe, eine zweite Einlage, _Z?2, nahezu die drei¬
fache Höhe als der Dädaleumcylinder. Während ein Messversuch
mit Einlage Eï schon sehr schwankende Resultate ergab, erwies sich
ein solcher mit Einlage _Z?2 als unmöglich. Es zeigte sich im letzten
Falle wieder, dass man nach Willkür die Erscheinung abändern
konnte ; die Uebung und die Richtung der Aufmerksamkeit üben einen
zu störenden Einfluss aus, so dass man nicht im Stande ist, eine cor¬
recte Messung hierbei auszuführen. Man hat sich daher darauf zu be¬
schränken, die Zeitgrenzen für geringere Phasenabstände zu untersuchen.
’ Wundt, Philos. Studien. III. in