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G. 0. Berger.
holen. Außerdem war es wünschenswerth, dieselbe Untersuchung
noch in einem anderen Sinnesgebiete durchzufiihren und so eine all¬
gemeinere Gültigkeit des Wundt’sehen Gesetzes nachzuweisen.
Diesem Bestreben entsprangen die Untersuchungen, welche ich seit
dem Herbst 1883 mit Herrn J. M. Cattell im Laboratorium des
Herrn Professor Wundt anstellte.
Wir stellten uns die Aufgabe, speciell für das Gebiet des Ge¬
sichtssinnes den Einfluss der Reizstärke auf die Dauer der einfachsten
psychischen Vorgänge — der einfachen Reaction, des Unterschei-
dungs- und Wahlactes — zu untersuchen. Daneben beabsichtigten
wir, die von Wundt und von v. Kries und Auerbach angestellten
Versuche zu wiederholen. Da wir, um Unterscheidungs- und Wahl¬
acte zu erhalten, verschiedenfarbiges Licht anwandten, lag es nahe,
soweit es ohne Abschweifung von unserer Aufgabe ging, zugleich den
Einfluss der Qualität des Reizes auf die Dauer jener Zeiten zu unter¬
suchen.
1. Beschreibung der zu den Versuchen benutzten Apparate.
Bei allen Reactionen auf Lichtreize wandten wir einen Apparat
an, wie ihn Fig. 1, Taf. I darstellt und wie ihn im Wesentlichen
bereits Friedrich1) benutzt hat. Die einzige wesentliche Neuerung,
welche wir anbrachten, ist die, dass wir nicht wie Friedrich graues
und farbiges Papier durch eine Geiß 1er’sehe Röhre beleuchteten,
also reflectirtes Licht benutzten, sondern statt dessen direct das Licht
einer Puluj ’sehen Röhre als Reiz anwandten. Diese Röhre ist von
cylindrischer Gestalt, oben und unten zugespitzt, luftleer und durch
eine schrägstehende elliptische Platte in zwei Hälften getheilt. Ober¬
und unterhalb dieser Platte sind Leitungsdrähte eingekittet, welche
in kleinen Metallplatten enden und in den luftleeren Raum münden.
Die Platte selbst ist belegt mit einem Gemisch von Schwefelcalcium
und Schwefelstrontium. Beide Substanzen geben dem Tageslichte
ausgesetzt ein schwaches, dem elektrischen Funken oder dem Induc-
tionsstrome ausgesetzt ein ziemlich starkes Licht, welches sich nach
dem Auf hören des Stromes allmählich wieder verliert. Die Farbe
unserer Platte war noch ein wenig grünblau, indess fast weiß (Schwe-
1) Phil. Stud. Bd. I. S. 45.