Die Wirkung akustischer Sinnesreize auf Puls und Athmung. 599
auf den Blutdruck aus, während die Faradisation eines peripheren
Nerven noch die gewöhnliche Wirkung hatte. Ferner sind nach
diesen Forschern diese Blutdruckänderungen nur vorhanden, wenn
der Verlauf der Processe des Großhirns überhaupt ungestört ist
(einschließlich der Bewusstseinsvorgänge), denn nach schwachen
Chloraldosen blieben diese Blutdruckänderungen aus, während wie¬
derum die Faradisation ihre gewöhnliche Wirkung hatte. Es ent¬
spricht dies durchaus der in Beispiel 13 erwähnten Beobachtung,
nach der bei nebensächlichen Schallreizen die entsprechende Puls¬
wirkung nur dann vorhanden war, wenn der Reiz beim Reagenten
bis zum Bewusstsein vorgedrungen war. Also auch hier war ein
regelrechter Ablauf der psychophysischen Processe des Großhirns
nöthig.
Es ist hiermit durchaus nicht im Widerspruch, wenn wir aus
Mosso’s Versuchen fanden, dass die plethysmographische Wirkung
im Schlafe gleichwohl bei seinen Reagenten eintrat ; denn bei nicht
sehr tiefem Schlafe sind ja vielfach Bewusstseinsvorgänge, wenn
auch in geringerem Maße vorhanden, zumal wenn man einen
Fremden in demselben Zimmer weiß. Es braucht dies jedoch nicht
immer nothwendig der Fall zu sein, wie ja auch die hypnotische
Anästhesirung und die tiefere Chloroformnarcose zeigen, und dem
entsprechen denn auch die bereits (S. 88) angeführten Pupillen¬
beobachtungen von Sander, Hirschberg u. A., die hierdurch
erst erklärt werden.
Ferner aber fanden Couty und Charpentier, dass die Wir¬
kung auf die Gefäße bei Sinnesreizen die primäre ist und die
Wirkung auf das Herz erst secundär durch den Vagus erfolgt,
denn als dieser durchschnitten wurde, fand eben die Herzwirkung
nicht mehr statt. Es scheint hiernach der psychophysische Process
im Großhirn das Gefäß- und das Athmungscentrum des verlängerten
Marks, welche ja nahe bei einander liegen, und zugleich mehr oder
minder die herzhemmenden oder beschleunigenden Nerven in Mit¬
leidenschaft zu ziehen. Letzteres besonders stark bei den
Affecten. Ferner aber, und darauf sei besonders aufmerksam ge¬
macht, liegen ja im verlängerten Mark außer mehreren centripetal
erregbaren Centren auch diejenigen des Lidschlusses, der Schwei߬
absonderung und der Reflexcoordination. Es ist nicht unmöglich,
Wundt, Philos. Studien. XI. 40