Volltext: Die Wirkung akustischer Sinnesreize auf Puls und Athmung, Schluss (11)

Die Wirkung akustischer Sinnesreize auf Puls und Athmung. 595 
eben immer ein stärkeres Erleben mit sich und demnach Lust, die 
oben als Pulsverlängerung mehrfach beobachtet wurde. Auf der 
anderen Seite entspricht ihr die Unlust der Uebermüdung oder Zer¬ 
splitterung durch eine zu große Abwechslung. Natürlich wird dies 
bei den verschiedenen Individuen, verschiedenen Ständen und Cul- 
turstufen verschieden sein. 
Schließlich tritt noch Lust beim Vollenden, dem Abschluss 
oder dem Vollendetsein auf, die ebenfalls aus der ersten Art 
Lust mit Hinzunahme der zweiten hervorgeht. Sie setzt nämlich 
voraus, dass alles Störende bei der Thätigkeit oder dem Erleben 
ferngehalten ist, und ein passender Abschluss stattfindet, der Er¬ 
holung ermöglicht. Auch hier also spielt die Abstumpfung als 
bedingendes Moment sehr wesentlich mit. Auf der andern Seite 
ist wieder Unlust bei der Nichtvollendung oder der Unfertigkeit 
vorhanden. 
Weil schon nervenphysiologisch begründet, spielen diese Lust- 
und Unlustarten sowohl im Leben wie in der Kunst eine sehr 
große Rolle. Sie bestimmen im Kunstwerk in letzter Linie die An¬ 
ordnung, wie auch aus den obigen musikalischen Analysen zur Ge¬ 
nüge hervorgehen dürfte. Aus ihnen allen zusammen geht die Lust 
an der richtigen Einheit und Mannigfaltigkeit hervor, die demnach 
ein Princip höherer Ordnung ist und also mit Unrecht noch von 
Fechner an den Anfang seiner »Aesthetik von unten« gestellt 
wurde. Wie beim Vorspielen mit »vollkommenstem Ausdruck«, 
so tritt unter Umständen die Wirkung der Stimmungen und Af¬ 
fecte besonders in den Vordergrund, vor allem bei Hauptstellen 
aus Musikdramen. So fand Warthin1) an Hypnotisirten Puls¬ 
beschleunigung beim Anhören des Walkürenritts und des Feuer¬ 
zaubers von Wagner (was excitirende Affecte zur Folge hatte), 
Pulsverlangsamung aber bei langangehaltenen, beängstigend wir¬ 
kenden Mollaccorden, besonders dem B-Mollaccord und bei der 
Todes Verkündigung an Sigmund (Affect großer Bangigkeit mit Vor¬ 
stellung des nahenden Todes auch bei dem hypnotisirten Reagenten) : 
Ergebnisse, die mit den Untersuchungen über die Pulswirkung der 
Affecte (Capitel X) im Einzelnen gut übereinstimmen. 
1) Medical News (amerik. Zeitsehr.) 1894.
	        
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