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Theodor Heller.
kaum einer besonderen Prüfung bedarf, da die Tastempfindungen
schon bei Beginn der Untersuchung die Beschaffenheit des Gegen¬
standes verrathen müssen. Wir haben in diesem Beispiele ein relativ
einfaches Object angezogen, dessen Vorstellung wohl den meisten
Blinden geläufig sein dürfte. Je verwickelter aber die Gegenstände
werden, desto schwieriger und mühevoller wird dem Blinden ihre
Auffassung, namentlich dann, wenn man der Betastung nicht die
nöthige Zeit gewährt. In den meisten Fällen begnügt sich daher
der Blinde mit der Ablesung der hervorzuhebenden Kriterien.
Noch weniger als die Beschreibung gibt das Wiedererkennen
eines Objectes Zeugniss für die Existenz einer präcisen Vorstellung.
Man hat häufig angenommen, dass das Wiedererkennen nur dann
stattfinden könne, wenn ein deutliches Bild des Objectes reproducirt
und mit der unmittelbaren Anschauung verglichen wird. Aber schon
eine genaue Selbstbeobachtung ergibt, dass das Wiedererkennen
nicht auf einer VoTStellungsvergleichung, sondern auf einem speei-
fischen Gefühl, das man als »Wiedererkennungsgefühl«1) bezeichnet
hat, beruht. Abgesehen von dieser allgemeinen Erwägung ergeben
eine Anzahl von Beobachtungen an Blinden die vollste Gewissheit,
dass sich in Fällen niederer Tastentwicklung das Wiedererkennen
überhaupt nicht auf das vollständige Object, sondern bloß auf ein
uns vielleicht vollkommen nebensächlich erscheinendes Merkmal
desselben bezieht. Fehlt dem Blinden aus subjectiven oder objectiven
Gründen die Möglichkeit, das Object in toto aufzufassen, so begnügt
er sich mit der Aufsuchung eines bestimmten, den Tastbedingungen
günstig gelegenen Theiles, der in seinem Bewusstsein die Vor¬
stellung des Gesammtobjectes vertritt und sich häufig selbst mit dem
Namen des betreffenden Gegenstandes deckt. Aus der Praxis des
Blindenunterrichtes ließe sich eine große Zahl belehrender Beispiele
anführen, die allesammt die Thatsache bestätigen können, dass das
Wiedererkennen durchaus kein zuverlässiges Kriterium enthält für
das Vorhandensein adäquater Vorstellungen.
1) Wundt, Physiol. Psychologie II (4. Auf 1.) S. 442. Hoff ding führt das
Wiedererkennen auf eine besondere Qualität, die er »Bekanntheitsqualität« nennt,
zurück, welche auf der Erleichterung gewisser centraler Vorgänge beruhen soll.
Vierteljahrsschrift f. Wissenschaft!. Philosophie Bd. XIII. S. 427.)