Volltext: Studien zur Blinden-Psychologie, Fortsetzung (11)

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Theodor Heller. 
Unterstützung betheiligen sich auch die beim Lesen nicht in Be¬ 
tracht kommenden Finger, die gleichsam das Vehikel darstellen, auf 
welchem sich die Hand fortbewegt. Hat der Blinde die Zeichen 
zur Genüge kennen gelernt, so nimmt nun auch die linke Hand 
am Lesen Theil. Diese liest aber weder so rasch noch so continuir- 
lich wie die rechte; man kann hierbei häufig beobachten, dass der 
Arm ruckweise seine Lage verändert. Infolge der größeren Schwie¬ 
rigkeiten, die naturgemäß der Bewegung der linken Hand entgegen¬ 
stehen, eignet diese sich vorzugsweise zur Vornahme eines langsamen 
analysirenden Tastens, während die rechte Hand, welche rasch über 
die Zeilen hingleitet, dem Blinden wenn auch nur flüchtige Ge- 
sammtbilder der einzelnen Zeichen verschafft. Sowohl bezüglich des 
Tastens im allgemeinen, als auch der Verwendung der beiden Tast¬ 
finger beim Lesen zeigen sich bei den einzelnen Schriftarten wich¬ 
tige Unterschiede, die wir im Folgenden des Näheren berücksichtigen 
wollen. 
a) Die KMn’sche Schrift. 
Klein hatte sich nicht damit begnügt, seinen Schülern die tast¬ 
baren Antiquabuchstaben darzubieten. Für gewöhnlich mussten die 
Blinden die Zeichen unserer gewöhnlichen Druckschrift lesen, und 
gerade diese Zumuthung beweist deutlich, wie wenig die erste Zeit der 
Blindenpädagogik ihre Behelfe den Tastbedürfnissen der Blinden ent¬ 
sprechend zu gestalten bestrebt war. Da die Blindenschrift durch Tast¬ 
bewegungen gelesen wird, die bloß in den Fingergelenken ausgeführt 
werden, so müssen hierbei die geradlinigen, besonders die verticalen 
Bewegungsrichtungen vor allen anderen bevorzugt wer4en. Aus 
diesem Grunde hat man wohl auch den Buchstaben der Klein- 
schen Schrift die jetzt allgemein eingeführten schlanken Formen 
gegeben, sicherlich nicht darum, um dieselben, wie bisweilen be¬ 
hauptet worden ist, wohlgefälliger zu gestalten. Aus der Nichtbe¬ 
achtung der Bewegungsgesetze des Lesefingers ist auch der Irrthum 
Klein’s und seiner Nachfolger hervorgegangen, dass die Zeichen 
um so leichter von Blinden aufgefasst werden könnten, je größer sie 
seien. Die Größe der Buchstaben muss den bei ruhender Hand aus¬ 
führbaren Excursionen des Lesefingers entsprechen: auf rein prak¬ 
tischem Weg ist man gegenwärtig zu einer dieser Anforderung ent-
	        
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