Volltext: Studien zur Blinden-Psychologie, Fortsetzung (11)

Studien zur Blinden-Psychologie. 
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Blinden ein neues günstiges Verkehrsmittel mit den Sehenden bietet, 
die Nothwendigkeit besteht, die Klein’sehe Schrift im selben Um¬ 
fange zu üben wie in früheren Zeiten. 
5. Das Lesen der Blindenschrift. 
Beim Lesen der Blindenschrift ist bloß der Zeigefinger bethei¬ 
ligt. Wenn auch durch die eigenthümliche Fingerstellung bei man¬ 
chem Blinden der Schein entsteht, als ob sich auch die anderen 
Finger bei der Auffassung der Schriftzeichen betheiligten, so lässt 
sich in diesen Fällen durch Ausschaltung des Lesefingers, wodurch 
der Zwang geschaffen wird, mit einem anderen z. B. dem Mittel¬ 
finger zu lesen, mit Sicherheit nachweisen, dass dieselben nur als 
Stützorgane fungiren. Da beim Lesen der vorgeschrittenen Blinden 
große Verschiedenheiten Vorkommen, so wird es am zweckmäßigsten 
sein, zunächst das Lesenlernen zu beobachten und dann erst nachzu¬ 
sehen, wie und aus welchen Gründen sich die Leseweisen der hin¬ 
länglich geübten Blinden differenziren. Beim ersten Leseunterrichte 
kommt hauptsächlich die rechte Hand in Betracht. Diese führt die 
eigentlichen Lesebewegungen aus, während die linke Hand die Auf¬ 
gabe übernimmt, die Zeilen zu fixiren und der Rechten den An¬ 
fangspunkt ihrer Bewegung anzuweisen. Die Bewegungen, welche 
den Zweck haben, die Hand in der Leserichtung zu verschieben, 
erstrecken sich zunächst auf den ganzen Arm. Sobald aber die 
schnellere Auffassung der Schriftzeichen nothwendig wird, beschrän¬ 
ken sich diese Bewegungen bloß auf den Unterarm, der sich um 
den festliegenden Ellbogen bewegt und einen Kreisbogen beschreibt, 
dessen Radius gleich ist der Verbindungslinie des Ellbogenstütz¬ 
punktes mit Anfang und Ende der Zeile, die in diesem Falle als 
Sehne eines Kreisbogens vom Radius des Unterarmes aufzufassen 
ist. Die horizontale Projection dieser Kreisbewegung erfolgt durch 
wechselnde Stellung des Lesefingers, der seine Streckung, wenn 
auch kaum merklich, in der Mitte der Zeile verringert, um dieselbe 
am Ende der Zeile wieder anzunehmen. Die Unterstützung des 
Unterarmes beim Lesen hat offenbar den Zweck, den Lesefinger 
vollständig zu entlasten und ihm die Möglichkeit zu geben, einen 
bestimmt regulirbaren Druck auf die Unterlage auszuüben. An der
	        
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