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Theodor Heller.
einfachen geometrischen Anschauung. Lachmann verwendete eine
Metallplatte, die in regelmäßigen kleinen Abständen Vertiefungen
enthielt, in welche Nadeln in verschiedener Gruppirung eingesetzt
werden konnten. Je neun Punkte bildeten ein »Zeichenfeld«, und
durch mannigfache Zusammensetzungen der Nadeln innerhalb dieser
Felder ergaben sich die verschiedenen Buchstaben- und Zahlensym¬
bole. Zur Erleichterung der Orientirung wurde in der Mitte dieses
quadratischen Feldes, das wieder durch die Punkte in vier kleinere
Quadrate zerfällt, eine Nadel mit größerem Kopfe als »Orientirungs-
knopf« angebracht, welche ohne Hinzufügung anderer Nadeln Null
bedeutet. Viel brauchbarer und einfacher ist die von Armitage
erfundene Rechenschrift. Die von ihm verwendete Platte enthält
in Abständen von 1 cm regelmäßige achteckige Lücken, in welche
kleine viereckige Lettern in wechselnder Stellung eingesetzt werden
können, die an ihrem oberen Ende mit einem horizontalen Strich,
an ihrem unteren mit zwei Punkten versehen sind. In verschiedener
Richtung bedeuten dieselben die verschiedenen mathematischen
Symbole.
Von all’ den Systemen, welche Blinde und Blindenfreunde für
die Zwecke des Unterrichtes ersannen, haben nur zwei den Wechsel
der Zeiten überdauert. Der schwerfällige Kl ein’sehe Stacheltypen¬
apparat bildet noch immer ein Inventarstück der Blindenanstalten,
und in den ersten Jahren seiner Ausbildung bleibt der Schüler fast
ausschließlich auf denselben beschränkt, um erst dann, wenn ihm
die Antiquaschrift hinlänglich geläufig ist, mit der Brailleschrift be¬
kannt gemacht zu werden. Es ist nun allerdings kaum einzusehen,
warum auf die Erlernung der erstgenannten Schrift in der Regel
ein so hoher Werth gelegt wird, dass die betreffenden Schreibe-
und Leseübungen die meiste Zeit des elementaren Blindenunter¬
richtes beanspruchen ; verwendet doch der Blinde, wenn er sich das
Braillesystem in wenigen Stunden zu eigen gemacht hat, die Kl ein-
sehe Schrift nur gezwungen und ungern. Ich kenne eine Anzahl
von Blinden, welche, in der Brailleschrift sehr geübt, die Kleinschrift
kaum mehr zu lesen im Stande sind. Doch würde es zu weit führen,
auf diese speciellen Fragen der Blindenpädagogik hier näher einzu¬
gehen. Der Praxis des Blindenunterrichtes muss die Entscheidung
überlassen werden, ob noch heute, da die Maschinenschrift dem