Volltext: Studien zur Blinden-Psychologie, Fortsetzung (11)

Studien zur Blinden-Psyehoiogie. 
409 
Hohlkugel ergäben. Bewegt man die beiden Arme gleichzeitig von 
ihrer äußersten Ablenkung gegen die Medianebene des Körpers, so 
schneiden sich in derselben ihre Bahnen, und der beidarmige Tast¬ 
raum stellt sich als eine Verbindung von zwei Hohlkugelausschnitten 
dar, die in der Mittelebene des Körpers Zusammentreffen und nach 
rückwärts durch die Körperebene abgeschlossen erscheinen. Inner¬ 
halb dieses Tastraumes ist durch wechselnde Beugung und Streckung 
der Extremitäten eine Abmessung nach allen Richtungen möglich. 
Aus Gründen, die wir alsbald erörtern wollen, wird es sich empfehlen, 
den beidarmigen als weiteren von dem engeren Tastraum zu unter¬ 
scheiden, der durch die Möglichkeit gekennzeichnet ist, Objecte sowohl 
mit Hülfe des analysirenden als auch des synthetischen Tastens auf¬ 
zufassen. Der engere Tastraum ist, wie leicht ersichtlich, keineswegs 
in Bezug auf den weiteren Tastraum unveränderlich bestimmt, doch 
kommt wegen der Symmetrie der Tastbewegungen vornehmlich jene 
Lage desselben in Rücksicht, welche der Medianebene des Körpers 
entspricht. Wir werden späterhin sehen, dass bei der Auswahl jener 
Anpassungserscheinungen, welche durch den Ausfall des wichtigsten 
Raumsinnes beim Blinden bedingt sind, das Gesetz der Kraftersparung 
vorzugsweise maßgebend wird. Wegen der Kleinheit und Beweg¬ 
lichkeit der im engeren Tastraum zur Auffassung gelangenden Objecte 
kann der Blinde Streckungen der Arme vermeiden, welche einen 
größeren Aufwand von Muskelenergie zur Compensation der Schwere 
erforderlich machen. Deshalb sucht der Blinde bei der Anwendung 
der unter den günstigsten Bedingungen erfolgenden Tastart seine 
Anne wo immer möglich zu unterstützen. Diese Unterstützung 
geschieht bei vollkommen freier Lage des Körpers in der Weise, 
dass der Blinde seine Oberarme an die Seiten des Rumpfes anlegt, 
wodurch nun allerdings aus praktischen Gründen eine bestimmte 
Lage des engeren Tastraumes gegeben ist. 
Die Betrachtung des analysirenden Tastens wird nothwendig 
von den Bewegungen im engeren Tastraum ausgehen müssen, denn 
nur hier sind unmittelbar alle Bedingungen für das Zustandekommen 
einer präcisen Raumvorstellung gegeben, indem sich durch Benutzung 
des Raumsinnes der Handflächen auch ein Gesammtbild der betasteten 
Objecte gewinnen lässt. In der That liegen innerhalb des engeren 
Tastraumes die Verhältnisse für die Beziehung zwischen synthetischem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.