Volltext: Ueber geometrisch-optische Täuschungen [In drei Teilen] (11)

Ueber geometrisch-optische Täuschungen. 
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Eindruck her vorrufen, als seien sie Gerade, die sich entfernen. 
Einen interessanten Umstand erfahren wir durch Wundt. Erweist 
nämlich darauf hin, dass die Täuschung, wenn auch viel schwächer, 
fortbesteht, wenn die Parallelen verschwinden (Fig. 18). Das von 
uns Gesagte lässt sich in gleicher Weise auch auf diesen Fall an¬ 
wenden. Denn wenn mit den schrägen Linien durch Association 
der Eindruck einer Entfernung verbunden ist, so werden die Stücke 
NN', EE' (Fig. 17), von denen das eine in der Verlängerung des 
andern liegt, um die Punkte N und E Rotationen erleiden, welche 
die betreffenden Stücke gemäß dem von uns Gesagten (übertrieben 
dargestellt) in EE" und NN" erscheinen 
lassen. Eine Erklärung, welche sich darauf 
beschränken würde, die Ueberschätzung 
der spitzen Winkel als Grund der Täu¬ 
schung anzuführen, würde über die Figur 
nicht Rechenschaft geben, da es in dieser 
Figur keine spitzen Winkel gibt. Quer¬ 
linien entsprechen gewöhnlich Linien, die 
nach dem Horizont zu sich entfernen. 
Diese Querlinien werden also auch auf Grund von Associations¬ 
wirkungen unter diesem Gesichtspunkte gesehen. Versuche von 
Hering bestätigen dies. Wenn man die auf Glasplatten gezeichneten 
oder aus seidenen Drähten resp. dünnen Metallstäbchen zusammen¬ 
gesetzten Kreuze betrachtet, so sieht man den horizontalen und den 
verticalen Theil in der Ebene bleiben, während die schiefen Arme 
aus der Ebene herausgehen1). 
Daraus erklärt sich, dass in unseren Versuchen, wenn die trans¬ 
versale Linie in der Zeichnungsebene um 30° resp. 120° gedreht 
wird, keine Täuschung mehr zu beobachten ist; denn in diesem 
Falle liegt die Transversale senkrecht resp. wagerecht. Die stereo¬ 
skopische Ansicht erreicht dagegen ein Maximum, wenn die eine 
Linie senkrecht oder wagerecht, und die andere um 30° geneigt ist2). 
1) Hering’s Physiol. Optik S. 580. Hermann’s Handb. d. Physiol. 1879. 
Bd. Ill, 1. S. 579. Fig. 61. 
2) Vergl. das oben Gesagte über die Neigung der Transversalen in der 
Zöllner’schen Figur, ebenso die späteren Ausführungen (Cap. II) über die Neigung 
der Schenkel in den Müller-Lyer’schen Figuren.
	        
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