Volltext: Ueber geometrisch-optische Täuschungen [In drei Teilen] (11)

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Armand Thiéry. 
wurde experimentell von Hering bestätigt, indem er die auf der 
Rückseite einer nicht polirten Glasplatte gezeichnete Figur mono¬ 
cular betrachtete. »So sehe ich«, schreibt er, »in überraschender 
Weise ein körperhaftes Bild: der dicke Strich (er hatte die Fläche 
zwischen den Parallelen mit Tinte ausgefüllt, so dass ein rechteckiger 
dicker Strich entstand) liegt in der Glasebene, das obere Ende des 
Querstrichs dahinter und das untere davor, oder beide vorn oder 
beide hinten, was hier alles gleichwerthig ist und theils von Neben¬ 
umständen, theils von meiner Willkür abhängt').« 
Dasselbe kann man an zwei etwas breiten Stäbchen, z. B. zwei 
Bleistiften, beobachten. Da die zwei vertical liegenden Parallelen 
in der Ebene der Zeichnung liegen, so wird von uns dieser Theil 
unmittelbar nach dem Gesichtswinkel geschätzt, während die Theile, 
die außerhalb dieser zwei Linien liegen, außerdem nach ihrer vor¬ 
gestellten Entfernung geschätzt werden. Daher kommt es, dass die 
Richtung einer solchen Querlinie, deren mittlerer Theil nicht ge¬ 
zeichnet wird, an den beiden gezeichneten Theilen eine solche 
Richtungsveränderung zu erfahren scheint, dass diese beiden Theile 
um die Punkte, in denen sie die Ebene erreichen, eine Drehung 
in dem Sinne einer Vergrößerung des spitzen Winkels erfahren. 
Dass die scheinbare Drehung des oberen und des unteren Theiles um 
diese zwei Punkte sich vollzieht, hat zur Folge, dass die Täuschung 
proportional sein muss der Distanz, welche zwischen den zwei par¬ 
allelen Linien liegt. 
Neigung der Figur in der Zeichnungsebene. Solche durch 
die Gewöhnung eingewurzelte Associationen machen sich auch noch 
in anderer Beziehung bei der Erscheinung geltend. So beruht es 
auf einer bekannten Association von Bildern, welche bewirkt, dass 
die Parallelen, welche die Transversalen unterbrechen, mit dem 
Eindrücke verknüpft werden, als bildeten sie eine Figur, die vor 
einer andern gelegen ist und einen Theil davon unsichtbar macht. 
Sully citirt nach Helmholtz1 2) mehrere derartige Beispiele. Eine 
andere Association ist die, welche bewirkt, dass schräge Linien den 
1) Hering, Von der einäugigen Stereoskopie. Beiträge 1861. S. 71. Diese 
verschiedenen Auffassungen hängen von Augenbewegungen ab. Wir werden sehen, 
dass die erste Auffassung den meisten Fällen entspricht. 
2) Sully op. cit. pag. 58 Fig. 4 und 2.
	        
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